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Politik: Offiziell kein Thema

Die Linkspartei stört die SPD auch in Niedersachsen – und könnte sie doch an die Macht bringen

Noch hat es keinen führenden niedersächsischen Sozialdemokraten gegeben, der die Chance auf einen Sieg bei der Landtagswahl in fünf Monaten über ein rot-rot-grünes Bündnis öffentlich auszusprechen gewagt hätte. Die Losung des Spitzenkandidaten Wolfgang Jüttner: Eine Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke in Niedersachsen sei offiziell kein Thema, weil diese Gruppierung keine Aussichten auf den Einzug in den Landtag habe. Mit derartigen Bemerkungen wischt Jüttner seit Monaten die lästige Koalitionsfrage vom Tisch.

Inoffiziell ist es natürlich schon ein Thema. Denn die Umfragen zeigen einen klaren Vorsprung der Christ- vor den Sozialdemokraten. FDP und Grüne liegen etwa gleichauf, und wenn auch die Linkspartei den Sprung über die Fünfprozenthürde schaffen könnte, reicht es womöglich nicht für die Fortsetzung der CDU/FDP-Koalition. Entweder wäre dann eine große Koalition denkbar, in der allerdings nach dem derzeitigen Stand die Sozialdemokraten die zweite Geige spielen würden und Jüttner nicht Regierungschef werden könnte. Die Alternative wäre ein Dreierbündnis: entweder SPD, Grüne und FDP oder aber CDU, FDP und Grüne. Oder, im Westen bisher kaum denkbar, SPD und Grüne einigen sich doch auf ein Bündnis mit der Linkspartei.

Wie aber denkt die SPD über den Fall eines knappen Wahlausgangs, bedingt durch den Einzug der Linken in den Landtag? Während Jüttner dazu schweigt, hat sich jetzt der SPD-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Garrelt Duin aus Ostfriesland klar festgelegt. Er erklärte zwei Varianten für ausgeschlossen – eine große Koalition mit der CDU und ein Bündnis zwischen SPD und Linkspartei. „Mit solchen Leuten kann man keine Koalition machen“, sagte Duin zu den führenden Politikern der Linkspartei. Diese Partei werde „gelenkt von Leuten, die entweder zu wenig Realismus haben, um die Probleme des Landes zu lösen, oder einfach nur davon beseelt sind, der SPD zu schaden“, betonte Duin.

Allerdings bezieht der SPD-Vorsitzende diese Aussage auf ein Koalitionsbündnis, zu einer möglichen Tolerierung äußert er sich nicht. Im Nachbarland Sachsen-Anhalt hatte sich die SPD von 1994 bis 2002 zwei Wahlperioden lang von der PDS tolerieren lassen.

Gleichwohl ist Duins Absage an die Linke deutlicher als jede Einlassung von Jüttner – und das hat Gründe. Die niedersächsische SPD teilt sich in vier Bezirksverbände auf, und während Jüttner Vorsitzender des Bezirks Hannover ist, der traditionell eher links steht, steht Duin dem Verband Weser-Ems vor, in dem die konservativen SPD-Kräfte überwiegen und der – ebenso wie der Bezirk Braunschweig, geführt von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, – große Vorbehalte gegenüber der Linkspartei hegt.

Wie sich die Linkspartei in Niedersachsen selbst entwickelt, hängt vor allem vom Landesparteitag Anfang September ab: Die Mitglieder der neuen Partei kommen je zur Hälfte von der alten PDS und der alten WASG. Starke Figur der PDS war bisher der Bundestagsabgeordnete, Musikmanager und Lebenskünstler Diether Dehm, der parteiintern zwar dem dogmatischen linken und marxistischen Flügel zugerechnet wird, dem man aber taktisches Geschick unterstellt. Dehm peilt auch den Vorsitz der vereinigten Partei an, ist intern aber umstritten und bekommt wohl auch einen Gegenkandidaten. Dabei könnte die Linke gerade jetzt Einigkeit brauchen – im Flächenland Niedersachsen ist sie traditionell schwächer als in anderen Ländern.

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