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Politik: Ohne Alternative

Nach dem Anschlag auf deutsche Soldaten: Der Bundestag verlängert das Mandat für Afghanistan

Berlin/Kundus Die Abgeordneten des Bundestages haben sich am Donnerstag für die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan ausgesprochen. Als einzige Fraktion versagte die FDP ihre Zustimmung, weil sie es für zu gefährlich hält, deutsche Soldaten auch außerhalb der afghanischen Hauptstadt Kabul zu stationieren. Regierung und Union waren sich indes auch nach einem Angriff auf das deutsche Camp im nordafghanischen Kundus einig, dass der Einsatz ohne Alternative ist. „Wenn sich die Staatengemeinschaft jetzt zurückzieht, werden morgen die Taliban wiederkommen“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Friedbert Pflüger (CDU).

Verteidigungsminister Struck (SPD) unterrichtete den Bundestag über den Anschlag auf das deutsche Wiederaufbauteam, bei dem am Mittwochabend drei deutsche Soldaten und zwei Schweizer verletzt worden waren. Ein Oberfeldwebel der Bundeswehr habe schwere Verletzungen erlitten. Er sei noch vor Ort operiert und inzwischen nach Deutschland ausgeflogen worden.

Insgesamt wurden drei Raketen abgefeuert. Neben dem Einschlag in einem Gebäude des Camps selbst sei eine zweite Rakete etwa 500 Meter vom Lager entfernt explodiert, berichtete Struck. Eine dritte Rakete, die nicht detonierte, sei von der Bundeswehr entschärft worden. Struck fügte hinzu, dieser Angriff bestätige die Einschätzung, dass im Vorfeld der afghanischen Präsidentschaftswahlen die Terroranschläge zunehmen könnten.

Die radikalislamischen Taliban übernahmen am Donnerstag die Verantwortung für den Angriff. „Alle Besatzer Afghanistans werden dasselbe Schicksal erleiden wie die Amerikaner“, erklärte ihr Sprecher Abdul Latif Hakimi in Kabul. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben einen Verdächtigen fest.

Die Taliban haben mehrfach gedroht, das Land vor den Präsidentschaftswahlen am 9. Oktober mit Gewalt zu überziehen. Allerdings konzentrierten sich ihre Aktionen bisher auf den Süden und Osten Afghanistans. Beobachter vermuten daher den früheren afghanischen Premier und Kriegsherrn Gulbuddin Hekmatjar hinter dem jüngsten Anschlag. Auch er hat den ausländischen Truppen den Krieg erklärt. Der Norden Afghanistans gilt als seine Basis.

Insgesamt sind etwa 2200 deutsche Soldaten in Afghanistan im Einsatz, die meisten in der Hauptstadt Kabul. In Kundus sind 270 von ihnen stationiert. Das zweite unter deutscher Leitung stehende Wiederaufbauteam hat am 1. September in Faisabad seine Arbeit aufgenommen. Dort sind derzeit etwa 110 Bundeswehrsoldaten im Einsatz.

Die beiden Schweizer Soldaten, die in Kundus verletzt wurden, waren nach Angaben des Berner Verteidigungsministeriums am Donnerstag bereits wieder im Dienst. Sie hatten ein Knalltrauma erlitten. Verteidigungsminister Samuel Schmid sagte, der Vorfall habe keine Auswirkungen auf die Mission von insgesamt fünf Armeeangehörigen in Afghanistan. In Kundus haben die Eidgenossen einen Armeearzt stationiert. Zudem halten dort zwei Verbindungsoffiziere den Kontakt zu lokalen Behörden und der Bevölkerung. Ein weiterer Schweizer Stabsoffizier dient in Kabul, ein Soldat wird bei der Minenräumung eingesetzt.

Das Kanzleramt erwägt indes, den Besuch von Gerhard Schröder in Afghanistan abzusagen. Falls sich die Sicherheitslage verschlechtern sollte, werde die Reise „gegebenenfalls“ abgesagt, hieß es aus Regierungskreisen. Der Besuch ist für den 11. Oktober geplant. bib/jdh/uls

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