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Politik: Ohne rot zu werden

DIE MACHT DER MEDIEN

Von Stephan-Andreas Casdorff

Nur ein Nebensatz, aber einer mit Nebenwirkungen. Edmund Stoiber, der Kanzlerkandidat der Union, hat sich gegen eine Verbindung zweier Medienkonzerne in Deutschland ausgesprochen, die der WAZ-Gruppe mit dem Springer-Verlag. Er hat das mit dem Hinweis auf eine „politische Übernahme“ getan, gegen die er sei – was heißt, dass er politischen Gegenwind aus einer Ecke fürchtet, aus der er bisher nichts zu fürchten hatte. Dahinter steht die Vermutung, Springer, das konservative Haus, werde künftig von einer sozialdemokratisch geprägten WAZ dominiert. Und damit wirft Stoiber so nebenbei die Frage auf, wer die Wahl entscheidet: die Medien?

Richtig ist, dass es nach landläufiger Ansicht auf der Rechten eine Medienmacht gibt. Das ist vor allem Springer mit seinen publizistischen Formaten, die Millionen erreichen. Bild, Bild am Sonntag, Welt, Welt am Sonntag, die so genannte Rote Gruppe, die Blaue Gruppe – sie gelten, immer noch, im Zweifel als Bannerträger des Konservativen. Auf der Linken nun soll das Pendant die WAZ-Gruppe sein, und wenn das so ist, muss wirklich ein Streit darum geführt werden, ob hier dieser oder der nächste Wahlkampf durch eine feindliche Übernahme entschieden werden soll. Und kann.

Nur ist es ganz so nicht. Zu den Konzernen: Bei den – enorm schwierigen und trotz Gerichtsurteil anhaltenden – Versuchen der WAZ, sich den Anteil von Leo Kirch am Hause Springer zu sichern, geht es immer noch um ein Geschäft. Mag Springer seine publizistische Macht daran setzen, die Lage anders darzustellen, schon der Zuschnitt der WAZ-Gruppe mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, der größten deutschen Abonnementszeitung, beheimatet im Ruhrgebiet, als Leitmedium spricht dagegen. Sie ist nicht die Speerspitze der linken Bewegung. Sie ist nicht einmal die Rache Gerhard Schröders dafür, dass dieses Mal im Wahlkampf seine Strategie „Bild, BamS, Glotze“ nicht aufgeht.

Bei der WAZ wird in erster Linie Geld verdient. Eine journalistische Mission begründet das nicht. Und es spricht auch nichts dafür, dass sich das ändert: Die Gruppe will, für den Fall des Springer-Einstiegs, die journalistische und wirtschaftliche Verantwortung trennen; sie will damit also den Verdacht der publizistischen Einflussnahme ausräumen. Springer andererseits kann es sich nicht leisten, mögliche Verbesserungen der Lage und die Erhöhung des Unternehmenswerts noch nicht einmal zu prüfen. So etwas geht schon rechtlich, im Sinne der freien Aktionäre, nicht. Soweit zum Wirtschaftlichen.

Politisch ist es so, dass im streng geordneten deutschen Medienland kein Berlusconi droht – auch keiner von links. Ein Bodo Hombach in der Geschäftsführung, der früher Schröders Wahlkampf besorgte und dann kurz das Kanzleramt leitete, steht noch nicht für einen Kurswechsel, weder bei der WAZ noch bei Springer. Der WAZ-Konzern hat es vielmehr seit seiner Gründung verstanden, die beiden großen Parteien SPD und CDU gleichermaßen zu bedenken. Seine Geschäfts-, genauer: seine Einkaufspolitik war dementsprechend. Politisch daran ist, dass lange nur die großen, nicht aber die kleinen Parteien ernst genommen wurden, besonders die Grünen nicht. Das wiederum hat etwas mit Traditionalismus in diesem Verlag zu tun, mit seinem gesellschaftlichen Konservatismus. Tief Rot ist bestenfalls die Farbe im Kopf der WAZ. Ansonsten gilt der Grundsatz: Wir kaufen nichts, es sei denn, Gewinn ist sicher. Von einem solchen Konzern soll ein „Linksruck“ zu erwarten sein?

Aber immerhin, es passt ins politische Bild. Die Linken haben eine eigene Medienmacht und machen mobil – ganz so hat es Kanzlerkandidat Stoiber nicht gesagt, wohl nur gemeint. Es stimmt, die SPD ist an etlichen Medien beteiligt: mit Minderheitsbeteiligungen. Und ihre Schatzmeister haben ihren jeweiligen Vorständen in zurückliegenden Zeiten mühsam beigebracht, dass Geld in der Parteikasse wichtiger ist als freundliche Artikel. Was im letzten Schluss zu einer freundlichen Antwort führt. Die Medien entscheiden die Wahl nicht, so viel Macht haben auch die Großen nicht. Sie tragen zur Entscheidung bei, die Mehrheit der Journalisten nach Sachlage. Sich politisch übernehmen – das tun sie besser nicht.

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