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Politik: Ohne Rückhalt

Der CIA-Chef nennt persönliche Gründe für seinen Rücktritt. Doch Tenet stand schon länger in der Kritik

Kurz bevor George W. Bush im Frühjahr 2003 den genauen Termin für die Irakinvasion festlegte, habe er – so berichtet der Washingtoner Journalist Bob Woodward – CIA-Chef George Tenet die Gewissensfrage gestellt: Wie sicher sind die Informationen zu Massenvernichtungswaffen im Irak? Tenets Antwort habe ein Bild aus der Welt des Basketball bemüht: „Es ist ein Slam Dunk“, was so viel heißt wie: Es kann keine Zweifel geben. Es war, wie heute feststeht, eine der größten Fehleinschätzungen des Geheimdienstchefs in dessen siebenjähriger Amtszeit.

Tenet zog nun die Konsequenzen. Am Mittwochabend habe er Präsident Bush „aus persönlichen Gründen“ um seine Entlassung im kommenden Monat gebeten, so ein Regierungssprecher. Dass der 51-jährige Tenet, von Bill Clinton 1997 ins Amt berufen und durch seine täglichen Informationsgespräche mit dem Präsidenten einer der engsten Mitarbeiter Bushs, damit einer Entlassung zuvorkam, erschien bei einer kurzen Pressekonferenz des Präsidenten zweifelhaft: Bush kämpfte sekundenlang mit versagender Stimme gegen die Tränen an, als er von einem „guten Gespräch“ mit Tenet und über dessen „überragende Leistungen“ „über viele Jahre“ berichtete.

Tenet sei, so Bush, „ein starker Führer im Kampf gegen den Terrorismus“ gewesen, den er vermissen werde. Doch gerade daran mochte zuletzt in Washington kaum noch jemand glauben. US-Außenminister Colin Powell schob in kaum verhohlener Kritik der CIA die Sündenbockrolle für die von ihm vor dem UN-Sicherheitsrat präsentierten Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak zu. Jüngste Vermutungen, der Exil-Iraker Achmed Chalabi habe nicht nur der CIA bewusst falsche Informationen über Waffenprogramme Saddam Husseins geliefert, sondern auch brisante US-Geheimdienstinformationen an Iran weitergegeben, werfen ein schlechtes Licht auf die von Tenet geleitete Behörde. Zudem ermittelt eine Jury, ob Mitglieder des Weißen Hauses oder Bush persönlich den Namen einer CIA-Mitarbeiterin an die Medien lanciert und diese enttarnt hatten, weil ihr Ehemann – der frühere Botschafter Joseph Wilson – sich kritisch zum Irakkrieg geäußert hatte.

In vertraulichen Gesprächen mit Medienvertretern hatte der CIA-Chef zuletzt Amtsmüdigkeit zu erkennen gegeben. Eine wichtige Rolle dürfte dabei auch gespielt haben, dass der ausstehende Bericht der Untersuchungskommission zum 11. September Tenet und die CIA wohl sehr schlecht beurteilen wird. Bei der Anhörung Tenets war klar geworden, dass ihm Ausschussmitglieder schweres Versagen vorwerfen. Tenets Job soll vorläufig sein Vize John McLaughlin übernehmen.

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