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Obama

© AFP

Olympische Spiele: Obama im Unglück

Chicago ist meiner seiner Bewerbung für die olympischen Sommerspiele 2016 schon in der ersten Runde gescheitert. Das fällt auch auf Amerikas Präsidenten zurück.

„Autsch!“ riefen alle laut am Freitagmittag in der Regierungshauptstadt Washington, als der IOC-Präsident Jacques Rogge im fernen Kopenhagen mitteilte, dass Chicago, die Wahlheimat Barack Obamas, die wenigsten Stimmen aller Bewerber auf sich vereinigt hatte und darum bereits im ersten Wahlgang ausschied.

Und das trotz Amerikas geballter Starpower. Trotz Michelle Obamas, die als gebürtige Chicagoerin vor dem IOC eine rührselige Rede hielt über den Sport und ihren Helden, ihren an Multipler Sklerose erkrankten und verstorbenen Vater. Trotz Oprah Winfreys. Und trotz Barack Obamas.

In letzter Minute war der Präsident höchstpersönlich nach Dänemark geflogen, samt Airforce One, Begleitflugzeugen, Staatslimousine, Sicherheitsapparat und Begleittross. Halb Kopenhagen wurde für sein Chicago-Plädoyer abgesperrt. Mindestens 1 Millionen Dollar kostete das Unterfangen.

Barack Obama wollte sein Gewicht für Chicago in die Waagschale werfen – und hat sich schwer verschätzt. Er hatte gedacht, seine Strahlkraft würde auch den IOC in den Bann ziehen. Seine rhetorische Brillanz würde auch die letzten Zögerlichen überzeugen. Schließlich geht es bei Olympia nicht nur um Sport, sondern immer auch um Politik und um die Wirkung und Darstellung eines Landes. Obama hatte gedacht, gerade jetzt, da Amerika und sein Präsident nach den verheerenden Bush-Jahren frisch und offenherzig auf die Welt zugehen, müsste die Wahl auf Chicago fallen. Sozusagen als Signal und Symbol.

Dabei hatten etliche von dieser Last-minute-Reise abgeraten. Nur wenn der Präsident absolut sicher sei, dass er gewinnen werde, sagten sie, dürfe er nach Kopenhagen fliegen. Doch Obama konnte keinesfalls sicher sein. Brasilien, der letztendliche Sieger, war von Anfang an heißer Kandidat. Das Land ist schließlich eine kraftvolle, aufstrebende Wirtschaftsmacht mit großem Charme. Außerdem war Südamerika noch nie Gastgeber der Olympischen Spiele.

Nun kann man einwenden, auch andere Staatschefs hätten das Interesse ihres Landes in Kopenhagen vertreten. Schließlich war auch Brasiliens Präsident Lula angereist. Aber es macht trotzdem einen großen Unterschied, ob ein brasilianischer oder der amerikanische Präsident zu diesem Ereignis über den Atlantik fliegt. Obamas Auftritte sind zugleich immer auch eine pompöse Staatsvisite – mit allem Tamtam und Protokoll.

Seine politischen Gegner daheim hatten gegen diesen Ausflug von Anfang an gewettert und ihm vorgeworfen, er verzettele sich, könne nicht Wichtiges von Unwichtigem trennen. Die Schlappe von Kopenhagen scheint ihnen recht zu geben. Sie demonstriert, dass Obamas Starpower daheim wie draußen in der Welt enge Grenzen gesetzt sind.

Die größte Gefahr für den Präsidenten besteht darin, dass man sich bald über ihn lustig machen könnte als einen „Barack im Unglück“. Einen Mann, der einst auszog, um Wunder zu vollbringen, der sein Land und die Welt friedlicher, gesünder und sauberer machen wollte. Und der am Ende nicht einmal die Olympischen Spiele in die Heimat bringen konnte.

Quelle: ZEIT ONLINE

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