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Omar Schaban, Caritas in Gaza: "Ohne Versöhnung gibt es keine Kontrolle"

Der Caritas-Vertreter im Gazastreifen, Omar Schaban, über die Voraussetzungen für den Wiederaufbau.

Wie ist der Gazastreifen in Scharm al Scheich vertreten?



Überhaupt nicht. Die Regierung der palästinensischen Selbstverwaltung von Mahmud Abbas hat lediglich einige Einzelpersonen kontaktiert, um statistische Angaben über die Schäden zu erfragen. Es gibt keinen Plan für einen Wiederaufbau, der mit uns vor Ort beraten wurde. Wir sind darüber sehr frustriert. Wir haben viele Ideen, aber niemand fragt uns.

Die Geber wollen verhindern, dass Geld für Gaza an die Hamas fließt.

Die internationale Gemeinschaft muss sich darüber klar werden, was sie will. Sie weiß, dass die Hamas im Gazastreifen die Macht hat. Und sie weiß auch, dass die palästinensische Selbstverwaltung von Präsident Abbas hier nicht mehr präsent ist. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Abbas alleine große Projekte im Gazastreifen planen, finanzieren und kontrollieren will.

Was schlagen Sie vor?

Wir müssen nach kreativen Lösungen suchen. Hilfsgelder bereitzustellen, das ist der einfachste Teil. Wesentlich komplizierter ist die Frage, wie die Mittel ausgegeben werden sollen, wer die Finanzen überwacht und die Arbeiten kontrolliert. Wir schlagen der internationalen Gemeinschaft vor, viel stärker mit der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor in Gaza zusammenzuarbeiten. Eines ist klar: Solange es keine politische Versöhnung zwischen der Hamas und der Fatah gibt, lässt sich die Verwendung der Gelder praktisch nicht kontrollieren.

Sie wollen also warten?

Niemand will, dass das Leid der Bevölkerung verlängert wird. Aber wir müssen realistisch bleiben: Versöhnung zwischen der Fatah und der Hamas wird es nur geben, wenn genügend Druck ausgeübt wird – von den USA, Saudi-Arabien, Syrien und Ägypten. Ich bin relativ optimistisch. Beide Seiten scheinen begriffen zu haben, dass sie ihren Konflikt beenden müssen und einen Kompromiss finden.

Wie lange wird der Aufbau dauern?

Wenn alle Grenzübergänge wieder voll arbeiten, brauchen wir wenigstens sechs Jahre. Es geht um den Wiederaufbau unserer gesamten Infrastruktur und Volkswirtschaft. Dazu brauchen wir Freizügigkeit. Sie können endlose Milliarden Dollar nach Gaza schicken. Wenn die Grenzen geschlossen bleiben, wird das alles nichts nützen.

Das Gespräch führte Martin Gehlen.

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