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Politik: Opposition mit Mehrheit

Vier Monate vor der Landtagswahl überrunden in Hessen SPD und Grüne die Regierungskoalition von CDU und FDP unter Koch

Von Christoph Schmidt-Lunau, Wiesbaden

CDU-Generalsekretär Michael Boddenberg hatte die Ziele hoch gesteckt: 40 Prozent der Stimmen wollte die Union bei der Bundestagswahl in Hessen erreichen und den Sozialdemokraten 12 Direktmandate abnehmen. Am Ende landete Roland Kochs Partei bei 37,1 Prozent und damit auf dem zweiten Platz. Vier Monate vor der Landtagswahl hat die hessische CDU zwar besser abgeschnitten als vor vier Jahren (+2,4). Doch rechnerisch blieben die Wiesbadener Regierungsparteien CDU und FDP am Wahlabend in Hessen ohne Mehrheit.

Boddenberg sprach dennoch von einer „tollen Ausgangsbasis“ für die Landtagswahl. Vor vier Jahren, am Tag der Bundestagswahl, hätten Rot-Grün in Hessen noch deutlicher vor CDU und FDP gelegen, sagte er. Vier Monate später hatte Roland Koch dann doch gewonnen. Bis zur Landtagswahl im Februar 2003 werde die Union in Hessen mit einem motivierten Wahlkampf auch diesmal die Lücke zu Rot-Grün schließen können und gewinnen, gab sich Boddenberg zuversichtlich.

„Enttäuscht, aber nicht am Boden“, so schilderte der stellvertretende Fraktionschef der Liberalen im Landtag, Michael Denzin, seine Gemütsverfassung am Tag danach. Mit 8,2 Prozent der Stimmen konnte zwar auch die kleine Wiesbadener Regierungspartei Gewinne (+0,3 Prozent) verbuchen. Doch die Hoffnung, durch einen Machtwechsel im Bund werde für die hessische Regierungskoalition Rückenwind aus Berlin aufkommen, hatte getrogen. Führende Liberale machten denn auch aus ihrem Ärger keinen Hehl. „Möllemann hat der Partei geschadet“, sagte die FDP-Landesvorsitzende Ruth Wagner.

Auch die hessische SPD konnte nicht restlos zufrieden sein. Mit 39,7 Prozent wurde sie zwar stärkste Partei, doch die Verluste (-2,4 Prozent) kosteten drei Bundestagsmandate. Prominentes Opfer: Baugewerkschaftschef Klaus Wiesehügel verlor gegen den ehemaligen Forschungsminister Heinz Riesenhuber. Weil die SPD in Hessen 17 der 21 Direktmandate erringen konnte und ihr nur 18 Mandate zustehen, kommt nur ein Abgeordneter über die Landesliste in den Bundestag, Hans Eichel.

Dennoch demonstrierte der SPD-Landesvorsitzende und Ministerpräsidentenkandidat, Gerhard Bökel, Zuversicht. Würde er am Tag der Landtagswahl das Bundestagswahlergebnis erreichen, wäre eine Regierungsbildung ohne SPD kaum möglich; die Sozialdemokraten hätten die Option, mit den Grünen oder mit der FDP eine Regierungsmehrheit zu bilden, sagte Kochs Herausforderer.

Freude herrscht bei den Grünen. Mit 10,7 Prozent erreichten sie nach vielen Niederlagen ihr bestes Bundestagswahlergebnis in Hessen. Landtagsfraktionschef Tarek Al-Wazir glaubt nun: „Koch ist schlagbar.“ Neben den Parteipromis um Spitzenkandidat Joschka Fischer zieht für die hessischen Grünen mit Anna Lührmann eine 19-Jährige Studentin in den Bundestag ein. Sie wird die jüngste Abgeordnete im Parlament sein.

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