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Kampfpanzer vom Typ Leopard II.

© dpa

Rüstungsindustrie: Opposition verlangt Klarheit über Panzer-Deal mit Saudi-Arabien

Saudi-Arabien hat Medieninformationen zufolge Interesse an 200 modernen "Leopard II" aus deutschen Panzerschmieden. Das geheim tagende Sicherheitskabinett habe im Grundsatz grünes Licht gegeben. Die Regierung schweigt.

SPD, Grüne und Linke lehnen einen Export deutscher Kampfpanzer nach Saudi-Arabien strikt ab. "Das hat mit einer wertegebundenen Außenpolitik nichts mehr zu tun und auch nicht mit einem jahrzehntelangen Konsens", kritisierte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag in Berlin. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte: "Wenn nun 200 Kampfpanzer an Saudi-Arabien geliefert werden sollen, dann ist das illegal." Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wies die Kritik indirekt zurück. Ohne auf den konkreten Fall einzugehen, sprach er von verantwortungsvollen Beratungen.

Der "Spiegel" hatte berichtet, der Bundessicherheitsrat habe den Weg für den Export moderner "Leopard II"-Panzer in das autoritär geführte Land grundsätzlich freigemacht. Das Gremium entscheidet unter anderem über besonders kritische Rüstungsexportanträge.

Das sogenannte Sicherheitskabinett tagt laut Rüstungsexportbericht unter Vorsitz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihm gehören die Minister des Auswärtigen, der Finanzen, des Innern, der Justiz, der Verteidigung, für Wirtschaft sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an.

Nahles sagte: "Saudi-Arabien liegt mitten in einem Pulverfass. Da muss man nicht noch Streichhölzer liefern." Roth sprach von einem "Glaubwürdigkeitsdesaster deutscher Außenpolitik". Die Unterstützung für die arabischen Freiheitsbewegungen entpuppe sich als Heuchelei. Gerade Saudi-Arabien handle gegen die Demokratiebewegungen in der arabischen Welt.

Trittin sieht rote Linie überschritten

Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Jürgen Trittin sprach von einem Bruch mit den bisherigen Traditionen deutscher Nahost-Politik. "In solche Gebiete wird solches Gerät nicht geliefert", sagte Trittin am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". Das Land sei gerade erst daran beteiligt gewesen, die Demokratiebewegung in Bahrain "niederzuwalzen". Angesichts einer zusätzlich geplanten Waffenlieferung nach Algerien in Milliardenhöhe sieht Trittin eine Grenze überschritten.

Linke-Chef Klaus Ernst sagte: "Das ist empörend und steht in krassem Gegensatz zu dem bisherigen Verhalten des Außenministers." Die Devise der Bundesregierung sei: "Die tödlichsten Panzer für die schlimmsten Unterdrücker". Grüne und Linke wollen den möglichen Export in dieser Woche im Bundestag zur Sprache bringen.

Westerwelle ging auf den konkreten Fall mit Verweis auf die geheimen Sitzungen des Sicherheitskabinetts nicht ein. Er sagte aber: "Gehen Sie davon aus, dass die Beratungen sehr verantwortungsvoll geführt werden. Dass alle Gesichtspunkte berücksichtigt werden - ausdrücklich natürlich auch zivile Fragen und nicht nur wirtschaftliche." Grundsätzlich wolle die Regierung eine Partnerschaft zu vielen Staaten auch in der arabischen Welt ausbauen. Dazu gehörten Staaten, die "in Fragen zum Beispiel der Justiz oder der Zivilgesellschaft unterschiedliche Auffassungen zu uns haben", so Westerwelle. Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Peschke, räumte deutsche Bedenken gegen die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ein. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vermied jede Stellungnahme.

Der deutschen Rüstungsindustrie winkt ein Milliardengeschäft

Dem "Spiegel" zufolge haben die Saudis Interesse an mehr als 200 Panzern. Der deutschen Rüstungsindustrie winkt damit ein Milliardengeschäft. Die Gerüchte gaben der Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall am Montag zwischenzeitlich kräftig Auftrieb.

Am Bau des "Leopard" ist unter anderem auch Krauss-Maffei Wegmann beteiligt. Das Auftragsvolumen dürfte sich nach Einschätzung von Commerzbank-Analysten auf rund 1,7 Milliarden Euro belaufen. Ein Sprecher von Krauss-Maffei Wegmann sagte der Nachrichtenagentur dpa, das Unternehmen habe bisher keine Genehmigung für den Panzer-Export.

Eine Lieferung der "Leopard"-Panzer wäre ein Bruch der seit Jahrzehnten durchgehaltenen Linie zu Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien. Das Land interessiert sich seit Anfang der 80er Jahre für die Kampfpanzer, die zu den erfolgreichsten Exportschlagern der deutschen Rüstungsindustrie zählen.

Mit Blick auf eine mögliche Bedrohung Israels sagte Regierungssprecher Steffen Seibert, Deutschland handle grundsätzlich nicht gegen das Sicherheitsinteresse und das Existenzrecht Israels.
Deutsche Sicherheitsbehörden beobachten die Entwicklungen in Saudi-Arabien mit großer Aufmerksamkeit. Dort gebe es ähnliche strukturelle Probleme wie in anderen Ländern der Region: unter anderem eine junge Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von etwas über 25 Jahren, hohe Jugendarbeitslosigkeit und ein verkrustetes, überaltertes Regime. Das Land wird mit einem wankenden Riesen verglichen, der eigentlich für die Neugestaltung der arabischen Welt dringend gebraucht werde. Bedeutsam sei zudem das Risiko für die Weltwirtschaft, das mit der Rolle Saudi-Arabiens als weltgrößter Ölexporteur verbunden ist. (dpa/dapd/AFP)

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