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Politik: Organisierter Triumph

Ex-Premier Bhutto lässt sich in Pakistan feiern – aber ihr Empfang ist nicht so groß wie erwartet

Berlin - Mindestens eine Million Menschen hatte Pakistans Volkspartei (PPP) zu Benazir Bhuttos Rückkehr erwartet. Angereist waren dann trotz organisierter Busreisen aus dem ganzen Land und angeblich zum Teil gezahltem Taschengeld nach Angaben der Polizei weniger: Rund 250 000 Menschen warteten demnach am Donnerstag in der Millionenstadt Karatschi auf Flug EK 606 aus Dubai, der die zweimalige Premierministerin nach achtjährigem Exil wieder in die Heimat brachte.

Das Fernsehen zeigte feiernde, in den Parteifarben grün-schwarz-rot geschminkte Menschen, Benazir selbst setzte sich in einem umgebauten, gepanzerten Lastwagen an die Spitze eines Triumphzuges. Der sollte sie dann in die Stadt und dort zunächst zum prächtigen Mausoleum von Staatsgründer Ali Jinnah bringen. Am Tag zuvor hatte ein PPP- Sprecher gemutmaßt, der Aufmarsch werde zehn Stunden, vielleicht länger dauern. Ein Gewaltakt für die Sicherheitskräfte, die die großen Auffahrtsstraßen mit riesigen Containern blockierten, aber auch für die 54-Jährige selbst, die bei etwa 35 Grad im Schatten vom Dach des Lasters aus ihren Anhängern zuwinkte.

Die übrige Hafenstadt war dagegen ungewöhnlich ruhig, die großen Einkaufszentren waren aus Angst vor Anschlägen geschlossen. Auch die Besitzer vieler kleiner Läden öffneten ihre Geschäfte erst gar nicht. Überhaupt ist es nicht so, dass sich ganz Pakistan angesichts der Rückkehr von Benazir Bhutto und deren erklärtem Ziel, nach den für Januar angesetzten Parlamentswahlen ein drittes Mal Regierungschefin zu werden, im Freudentaumel befindet. In Kommentaren der englischsprachigen Zeitungen und in Blogs, in denen sich Pakistaner austauschen, herrschen oft Skepsis, manchmal sogar Zynismus vor.

Viele fürchten offenbar, was ein Mann aus Islamabad auf den Punkt bringt: „Jemand, der korrupt ist, wird es immer sein, finanziell und moralisch“. Benazir Bhutto, die zwei Mal wegen Korruptionsvorwürfen als Premier geschasst wurde, hat außer ihren Anhängern bisher kaum Pakistaner davon überzeugt, dass sie künftig ohne Vetternwirtschaft agieren wird. Dazu trägt ihre offensichtliche Bereitschaft zur Kooperation mit Pakistans Militärherrscher Pervez Musharraf ebenso bei wie die von diesem extra für sie verabschiedete, vom obersten Gericht aber noch nicht akzeptierte Amnestie wegen anhängiger Gerichtsverfahren. Auch die klare Unterstützung der USA für die westlich orientierte Regierungschefin ist in Pakistan im Zweifel eher ein Nachteil. Nachrichtenagenturen zitieren sogar Taliban, die Bhutto bereits mit dem Tod drohen. Washington, das von Pakistan, seinem wichtigsten Verbündeten im Antiterrorkampf mehr Demokratie erwartet, hatte besonders auf die Verhandlungen zwischen Pervez Musharraf und Benazir Bhutto gedrängt.

Bis zum Donnerstagabend verlief die Rückkehr Bhuttos ohne Zwischenfälle, die Regierung in Islamabad wartete offenbar ebenfalls erst einmal ab. Während Fernsehsender den ganzen Tag über das politische Großereignis berichteten, zeigte sich aber auch, dass sich die Politikerin auf wohl genauso scharfe Opposition seitens der TV-Stationen einstellen darf, wie es der Präsident seit Monaten tun muss. Der englischsprachige Sender Dawn TV strahlte den ganzen Tag über als Begleitung zu Bhuttos Triumphzug, ein kritisches Interview mit der ehemaligen Regierungschefin aus – in dem diese keine Chance bekam, eine gute Figur zu machen.

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