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ORTSTERMIN: Der schwarze Held vom Niederrhein

CDU-General Pofalla lädt in seine Heimat - zwischen Maisfeldern und Biogasanlagen.

Von Robert Birnbaum

Der Willi, sagt Roland Pofalla, der Willi ist immer schon Kommunist gewesen. Das wusste hier jeder. Ist aber nicht weit gekommen damit! Pofalla lächelt versonnen beim Gedanken an alte Jugendtage. Der Willi – Willi van Ooyen nämlich – ist heute Fraktionschef der Linkspartei in Hessen. Er stammt aus Weeze am Niederrhein. Pofalla ist heute Generalsekretär der CDU Deutschlands. Er stammt auch aus Weeze. Die Welt ist klein.

Pofalla stiefelt im karierten Hemd über einen locker befestigten Weg. Links fließt das Flüsschen Niers, rechts wächst ein Maisfeld der Verheizung in der Biogasanlage entgegen. Der CDU-General hat eingeladen, ihn mal in seiner Heimat zu besuchen. Politiker machen so was gelegentlich in der Hoffnung, dass man sie dann besser versteht. Bei Pofalla mag als Motiv hinzugekommen sein, dass er bei seinen Berliner Pressekonferenzen in letzter Zeit doch öfter in genervte Gesichter geguckt hat, wenn er wieder mal nachlässig lächelnd zu verstehen gab, was für ein taktisches Genie er sei. Seit kurzem geht Pofalla infolgedessen etwas sparsamer mit Sätzen um, die mit „ich als Generalsekretär“ anfangen.

Und nun eben: Weeze. 10 600 Einwohner, tellerplattes Land, Holland nebenan, tiefst katholisch und darum politisch so schwarz wie Bayern: 50 plus x. Als Schüler hat der Arbeitersohn Pofalla die Junge Union mitgegründet, mit 19 war er Fraktionschef im Rathaus, ein Hänfling mit Haaren bis zum Kragen. „Ich war ja hier der totale Revoluzzer“, sagt er.

Das klingt schon wieder eine Nummer zu groß. Aber die Welt von Weeze ist klein, und kleine Welten sind leicht zu erschüttern. Jung-Pofallas erster revolutionärer Akt war der kiesbefestigte Wanderweg an der Niers, auf dem er jetzt entlangtrabt. Fanden die Weezener vor 30 Jahren völlig überflüssig – gab doch genug Wege durch die Felder, und wenn schon, dann geteert! Vollends absurd die Idee, ein paar kommunale Millionen in ein kriegszerstörtes Wasserschloss zu stecken als Museum für den Skandalkünstler Josef Beuys. Dafür habe er, sagt Pofalla, im Kreistag die Vertrauensfrage stellen müssen. Heute zieht das Museum Hunderttausende an, zu Recht übrigens.

Für den CDU-Generalsekretär in Pofalla sind der Wanderweg und das Schloss allerdings mehr als Erinnerungen. Sie dienen ihm als dauerhafte Beweise, dass Modernisierung richtig und dass sie möglich ist, sogar am schwarzen Niederrhein. So wie umgekehrt der schwarze Niederrhein ihm selbst als Schild dient gegen alle im eigenen Lager, die argwöhnen, Angela Merkels General sei in der Seele so wenig schwarz wie die Chefin selbst.

Der Argwohn hat seine Berechtigung. Immerhin aber weiß Pofalla seit jeher, wo der Gegner steht. Der Willi, erzählt er nämlich, habe damals Marxismus-Seminare abgehalten. Da sei zwar kaum einer hingegangen. Für den Geschmack der Jungen Union war aber jeder einer zu viel. „Wir haben dann einfach gleichzeitig eine Fete gemacht.“ Pofalla lächelt. Es ist das Generalsekretärslächeln. Aber komisch – in der kleinen Welt von Weeze stört es nicht. Robert Birnbaum

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