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Ortstermin: FDP: Wo der Duft der großen Freiheit weht

Armin Lehmann feiert mit der FDP 100 Tage Schwarz-Gelb und verfolgt, wie die Liberalen ans Werk gehen, um das Land zu verändern.

Es tat gut, am Donnerstagabend in der FDP-Parteizentrale die Augen zu schließen. Zu sehen war ohnehin nicht viel, nur das Dehler-Haus und die Gäste und die Redner, aber ansonsten wurde jeder Eindruck einer Feierlichkeit, zu der ja geladen war, vermieden. Und da die Reden überraschenderweise Wahlkampfreden waren, und der oberste Wahlkämpfer Guido Westerwelle immer noch sehr laut redet, wie gesagt, da war es angenehm, mal wegzuschauen.

Dann hörte man nur den neuen Lieblingssatz Westerwelles „Wir sind ans Werk gegangen“, und man stellte sich vor, wie lauter kleine, gelbe Liberale im Land umherrennen und eifrig am Staate Deutschland werkeln, vornehmlich mit dem Hämmerchen oder dem Holzhammer oder dem Vorschlaghammer. Jedenfalls war das, was die FDP zu ihrem „100-Tage-Freiheit-in-Verantwortung- Fest“ zu sagen hatte, eine Art Glaubensbekenntnis an sich selbst. Mit dem Schwur: Wir gehen nicht von unserem Weg ab. Auf dass sich das Gefühl einstelle, man regiere schon 100 Jahre, wie ein liberaler Freigeist bemerkte.

In weiten Teilen hielt Westerwelle seine Rede vom letzten Parteitag – und der fand eine Woche vor der Bundestagswahl statt. Nichts passiert seitdem? Keine Debatte über Spenden, Klientelpolitik, über Wachstumsinstrumente wie die Erhöhung des Kindergelds oder die Steuersenkung für Hotels? Keine Kritik am fehlenden Veto der Bürgerrechtspartei beim Datenabkommen mit den USA oder beim Datenkauf? Kein Streit mit der CSU wegen der Gesundheitspolitik, keine Irritationen, weil doch die Partei den Anschein erweckt, als wolle sie partout mit dem Kopf und allen Forderungen durch die Wand?

„Wir sind ans Werk gegangen“ rief, mit lila Schlips bekleidet, der Vorsitzende und deklinierte die Versprechen herunter, die die Liberalen eingehalten haben und noch einhalten werden – in den nächsten zehn Jahren, denn solange, glaubt Westerwelle, wenn auch mit leichtem Anflug von Ironie vorgetragen, werde man schon noch regieren.

Das Ziel bleibt unverändert, Stakkato- Sätze durchdringen den Saal: Weg von der bürokratischen Staatswirtschaft, gegen den Zeitgeist der Umverteilung, für eine neue Gesellschaft und gegen den Status Quo – wie anfangs noch der neue Generalsekretär Christian Lindner anmerkte. Ja, doch: „Reformgesellschaft“, nicht Klientelgesellschaft! Das sollen die da draußen jetzt mal endlich verstehen! „Es gab Anfangsschwierigkeiten“, sagt Westerwelle, aber es seien ja auch erst 100 Tage, und nach 100 Tagen habe Schwarz-Rot die Mehrwertsteuer erhöht, Schwarz-Gelb aber habe die Familien um 4,6 Milliarden Euro entlastet. Das ist der Maßstab, an dem sich Westerwelle messen lassen will, und deshalb sei er „fassungslos“ über die Kritik und „ehrenrührige Angriffe“. Die Forderung nach einem gemäßigten Steuersatz für die Tourismuswirtschaft habe selbst im Wahlprogramm der Linken gestanden. „Ich erwarte einen Orden von den anderen, dass wir deren Parteiprogramme umsetzen“, brüllt er – wobei dies noch nicht der schönste Satz des Abends ist – und kündigt das an, was er am besten kann: Angriff. Gegen die von den Sozis hinterlassene Planwirtschaft im Gesundheitswesen, gegen die drohende linke Republik in NRW. „Wir oder die!“ Der Wahlkampf ist eröffnet.

Der schönste Satz? Um seine Schönheit zu erfassen, musste man die Augen schließen und sich den Außenminister vorstellen, wie er an einem freieren Afghanistan werkelt – „wo die Frauen, die die Luft der Freiheit riechen können, den Taliban nicht mehr in die Hände fallen dürfen“.

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