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Koehler

© dpa

Ortstermin: Kristina Köhler: Spät, aber kundig

Anna Sauerbrey beobachtet den ersten öffentlichen Auftritt von Familienministerin Kristina Köhler sechs Wochen nach ihrem Amtsantritt.

Von Anna Sauerbrey

Kristina Köhler wirkt ausgeschlafen. Gut sechs Wochen hat sich die Nachfolgerin von Ursula von der Leyen Zeit gegeben bis zu ihrem ersten größeren öffentlichen Auftritt. Zu lange, meinten Kritiker. Kristina Köhler sagt: „Es wäre anmaßend, vom ersten Tag an zu behaupten, in alles eingearbeitet zu sein.“

Zu demonstrieren, dass sie ihre neuen Themen jetzt verinnerlicht hat, ist ihr wichtig, das spürt man. Eingeladen hat eigentlich das Kinderhilfswerk Unicef, es geht um eine Studie zur Situation von Kindern in Industriestaaten. Forscher der Humboldt-Universität ermitteln für Deutschland einen Platz im Mittelfeld. Die Studie liefert durchaus wichtige Ergebnisse. So sind deutsche Schüler etwa besonders pessimistisch, was ihre Berufschancen angeht – fast jeder Vierte rechnet damit, nach der Schule nur einen schlechten Job zu bekommen.

Doch die Aufmerksamkeit in dem überfüllten Tagungsraum der Bundespressekonferenz gilt an diesem Tag eindeutig der CDU-Ministerin. Und die ist gut vorbereitet. Verpackt in ihre Stellungnahme zur Unicef-Studie präsentiert sie ihre ganz eigene Agenda. Sie lobt die Politik ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen, hebt aber hervor, dass das alles noch nicht ausreiche. Die Kinderarmut gelte es zu bekämpfen, die Situation der Alleinerziehenden zu verbessern und das Teilelterngeld möglichst bald einzuführen. Damit soll der Lohn von Eltern ausgeglichen werden, die Teilzeit arbeiten, um kleine Kinder zu betreuen. Auch Auszeiten, um pflegebedürftige Verwandte zu betreuen, müssten gefördert werden, sagt Köhler.

Viel Eigenes ist nicht dabei. Das Teilelterngeld steht schon im Koalitionsvertrag. Die Idee der „Pflegezeit“ und die Bekämpfung der Kinderarmut standen ebenfalls schon auf der Agenda von Köhlers Vorgängerin. Doch immerhin: Patzer bleiben aus. Köhler springt in der Fragerunde souverän zwischen den Themen, präsentiert geschickt ihr neues Fachwissen. Das erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelsätzen von Kindern? Die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz? Die Idee einer Kindergrundsicherung? Köhler ist kundig.

Auch zur Debatte um die Kinderbetreuung nimmt die Familienministerin Stellung. „Am Rechtsanspruch wird nicht gerüttelt“, antwortet sie auf den Vorwurf der Kommunen, das Familienministerium unterschätze den Bedarf an Kinderbetreuung für unter Dreijährige, auf den es ab 2013 einen Anspruch geben soll.

Ob Köhler so viel Durchsetzungswillen auch gegenüber ihrer Fraktion zeigen wird, kann sie bald beweisen. CSU- Chef Horst Seehofer und Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer verschärften am Donnerstag den Ton in der Debatte um die direkte Auszahlung des Betreuungsgeldes. Nachfragen dazu beantwortet Köhler ausweichend. Der Koalitionsvertrag lasse schließlich bis 2013 Zeit, um zu entscheiden. Zuvor hatte Köhler ein Ergebnis der Unicef- Studie besonders hervorgehoben: „Leistungen für Kinder kommen auch bei den Kindern an“, betont sie mit einem Seitenhieb auf Betreuungsgeld-Kritiker. Der Anfang vom Rückzug? Elegant in wartende Limousinen einsteigen kann die Ministerin jedenfalls schon.

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