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© ddp

ORTSTERMIN: Macht macht Spaß

Wie 90 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland im Kanzleramt gefeiert werden: Fröhlich, spritzig, ausgelassen.

Die vier jungen Musikerinnen wirbeln auf die Bühne. In schulterlosen, schwarzen Cocktailkleidern, mit Pfennigabsätzen, die auch schon mal zum energischen Aufstampfen genutzt werden - ein ungewöhnlicher Auftritt im Kanzleramt morgens um 11 Uhr. Bevor man es sich versieht, reißen sie die fast ausschließlich weiblichen Zuhörer schon mit ihrer temperamentvollen Mischung aus Salonmusik und Klassik mit. Vollends aus dem Rahmen fallen die Damen dann, wenn sie in einer kabarettistischen Einlage die Geige falsch herum oder zwischen den Beinen streichen und immer noch saubere Töne erzeugen. „Salut Salon“ – das ist Frauenpower mit Charme und Esprit.

Und so ging es wenig staatstragend, sondern fröhlich und witzig zu bei der Matinee zum 90. Jahrestag der Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland, zu der Angela Merkel Politikerinnen, Frauenvertreterinnen und Schülersprecherinnen ins Kanzleramt geladen hatte. Eingerahmt von Frauenrechtlerin und „Emma“-Herausgeberin Alice Schwarzer und vier ihrer Ministerinnen - in Bonbonfarben von Rosa über Violett bis Rot gekleidet – wirkt Merkel für ihre Verhältnisse ausgelassen. Die Botschaft: Frauen lamentieren nicht. Sie kämpfen nicht mehr verbissen für ihre Rechte, sie nehmen sie sich. Und: Macht macht Spaß.

Als der TV-und Radiomoderator Jörg Thadeusz Justizministerin Brigitte Zypries im Kurzinterview nach ihren Anfängen im Innenministerium unter dem damaligen Minister Otto Schily befragt, kontert diese trocken: „Stress gibt es unter jedem Vorgesetzten, daher muss man sehen, dass man möglichst wenig Vorgesetzte hat.“ Auch beim Führungsstil will sie nicht zwischen Männern und Frauen unterscheiden.  „Die Moderation von Frau Merkel ist anders als die von Herrn Schröder, aber Herr Steinmeier würde das Kabinett genauso moderieren wie Frau Merkel, weil sie in der Struktur ähnliche Typen sind.“ Gelächter im Saal, weil der SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier bei den Bundestagswahlen sicher gern die CDU-Kanzlerin beerben würde.

Der einzige Mann in der Ehrengastreihe kommt zwar nicht zu Wort, aber sein Amt weist darauf hin, dass es für Frauen noch Nachholbedarf gibt: Armin Laschet leitet das Ministerium für Familie, Frauen und Integration in Nordrhein-Westfalen. Familienministerin Ursula von der Leyen bedauert denn auch, dass in der Kommunalpolitik und in der Wirtschaft noch immer zu wenig Frauen in Führungspositionen sitzen.

Auch Bundeskanzlerin Merkel will Frauen mehr Mut machen, Verantwortung zu übernehmen und sich gleichzeitig dem Risiko des öffentlichen Scheiterns auszusetzen. Ausdrücklich dankt sie Alice Schwarzer, „dafür, dass wir an einem anderen Punkt anfangen konnten“. „Wirklichen Fortschritt“ sieht Merkel seit ihrem Einstieg in die Politik 1990 in der Unbefangenheit des Umgangs mit weiblichen Politikerinnen und Frauenthemen. Das habe sich „völlig verändert“ seit ihren Zeiten als Frauenministerin in der Regierung Kohl. An die geladenen Schülervertreterinnen appelliert sie, in ihrer Generation dafür zu sorgen, dass Frauen ihr Wahlrecht wieder so aktiv ausüben wie 1919: Damals gingen 82 Prozent an die Urnen.

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