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ORTSTERMIN: Schwieriger als gedacht

Dagmar Dehmer beobachtet die Versuche des globalisierungskritischen Netzwerks Attac, aus der Krise einen nachhaltigen Gewinn zu erzielen.

Zwischen Bescheidenheit und Größenwahn begeht das globalisierungskritische Netzwerk Attac seinen zehnten Geburtstag in Deutschland. Alexis Passadakis vom Attac-Koordinierungskreis sieht als größten Erfolg seiner Organisation, „dass Attac Kristallisationspunkt für ein Milieu ist, das mit der neoliberalen Doktrin brechen will“ und eine Betätigung suche. Seine Kollegin Jutta Sundermann dagegen geht in die Vollen und hält es für den größten Erfolg, „dass die G 8 global unten durch sind“. Die Krise „frisst sich wie ein Schwelbrand durch die Wirtschaft“, analysiert Passadakis, der zudem auch in diesem Jahr mit weiteren Konjunkturpaketen rechnet, weil „die wirtschaftliche Substanz wegbricht“.

Allerdings hat Attac von der Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen zwei Jahre nur teilweise profitieren können. So sind die Mitgliederzahlen zwar leicht von knapp 18 600 im Jahr 2007 auf nunmehr etwa 22 000 gestiegen. Doch im Vergleich zur Linken (76 000), der FDP (65 600) oder den Grünen (45 200) ist Attac immer noch ein kleiner Verein, allerdings einer mit vielen lokalen Außenstellen. Jutta Sundermann sagte am Montag in Berlin, der „Auftakt der Proteste gegen die Finanzkrise“ im vergangenen Frühjahr sei zwar „vielversprechend“ gewesen, doch sei die Fortsetzung „schwieriger gewesen als gedacht“. Alexis Passadakis meint, dass es „bisher noch keine Massenproteste“ gegeben habe, liege wohl daran, dass die Folgen der Krise jeweils einzelne Sektoren beträfen. Im Übrigen seien die „Solidaritätsreserven“ der Gesellschaft nunmehr so gering, „dass es schwierig ist, darauf Widerstand aufzubauen“.

Das hindert Attac allerdings nicht daran, an der „ökonomischen Alphabetisierung“ der Bevölkerung und der Bildung einer Protestbewegung weiterzuarbeiten. Im April soll es in Berlin ein „Bankentribunal“ geben, bei dem über „Verantwortung und Versäumnisse“ geredet werden soll, sagt Sundermann. Außerdem hat Attac eine E-Mail-Petition an den Bundestag gerichtet, die offenbar von genügend Menschen unterstützt worden ist, damit das Parlament sich mit der Einführung einer Finanztransaktionssteuer befassen muss.

Möglichen Protestaktionen des neu gegründeten Climate-Justice-Action-Netzwerks beim geplanten Umweltministergipfel im Sommer in Bonn will sich Attac wohl ebenfalls anschließen. Nachdem bei den Klimaprotesten anlässlich des UN-Gipfels in Kopenhagen mehr als 1000 Demonstranten kurzfristig von der Polizei in Gewahrsam genommen worden waren, blieben zunächst 19 Personen in Untersuchungshaft. Nach Angaben von Passadakis sind derzeit noch sechs Aktivisten in Haft, die – ebenso wie vier Greenpeace-Aktivisten – Weihnachten und Neujahr im Gefängnis verbracht haben und am 7. Januar einen Haftprüfungstermin haben sollen. Die eigentlichen Prozesse stehen jedoch alle noch bevor.

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