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ORTSTERMIN: Vorletzte Ehre

Benedikt ist jetzt zwar der „emeritierte“ Papst, aber er ist nicht tot. Es ist also kein Requiem, zu dem die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstagabend in die Berliner St.

Benedikt ist jetzt zwar der „emeritierte“ Papst, aber er ist nicht tot. Es ist also kein Requiem, zu dem die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstagabend in die Berliner St. Hedwigs-Kathedrale eingeladen hat, sondern eine Abschiedsmesse. So hatte man nicht alle Ministerien und Bundesbehörden offiziell eingeladen, sondern nur auf den Gottesdienst aufmerksam gemacht. Umso überraschender, dass nicht nur die Bundeskanzlerin in der ersten Bankreihe sitzt, sondern auch das halbe Kabinett.

Meinungsverschiedenheiten mit dem Papst, Enttäuschungen, die offene Konfrontation von Merkel in der Affäre um die Piusbrüder – vergessen. Nun wollen sie dem Papst die vorerst letzte Ehre erweisen: die Herren de Maizière, Friedrich, Rösler und Bahr, Landwirtschaftsministerin Aigner, Kanzleramtschef Pofalla, Bundestagspräsident Lammert, Bayerns Oberkatholik Seehofer. Die SPD schwächelt in den vorderen Reihen, lediglich Bundestagsvizepräsident Thierse und Geschäftsführer Oppermann sind gekommen; von den Grünen nur der Menschenrechtsexperte Winkler. Auch Ex-Ministerin Schavan betet kräftig mit, allerdings weiter hinten. Draußen gibt’s noch Gerangel um die letzten Plätze in der überfüllten Kathedrale, da schmettern sie drinnen schon „Eine große Stadt ersteht, die vom Himmel niedergeht, Mond und Sonne braucht sie nicht; Jesus Christus ist ihr Licht“.

Nie wollte Benedikt Macht haben, immer nur Diener sein, lobt Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Stets war Benedikt Gott nahe und auch den Menschen; wollte sie warnen vor den Gefahren des modernen Lebens, vor Globalisierung, „übertriebener Fortschrittsgläubigkeit“ und „ungezügeltem Kapitalismus“. Ein „überzeugender Gelehrter“ sei er gewesen, ein „begnadeter Prediger“, ein „unermüdlicher Brückenbauer“, habe die Religionen zum Dialog gerufen wie kaum einer vorher. Benedikt Superstar.

Die goldenen Gefäße für die Eucharistiefeier glänzen auf dem Altar, es glänzen die Stickereien auf den Gewändern der Bischöfe und die Streifen auf den Uniformen der Sicherheitskräfte. So hell und festlich ist alles hergerichtet. Da leert sich auf einmal die Bank um Merkel herum. Vorne reichen die Bischöfe die Kommunion – aber nicht für Merkel, die Protestantin. Denn die Protestanten sind vom katholischen Tisch des Herrn weiter ausgeschlossen. Seehofer steht auf, macht Anstalten, ebenfalls die Bank zu verlassen, setzt sich dann aber doch wieder und leistet Merkel Gesellschaft. Sie dankt’s ihm mit Plauderei und Scherzen. Zum Abschluss ein kräftiges „Großer Gott wir loben Dich“, dann ist es genug mit der Heiligkeit für heute. Das profane Leben geht weiter, Merkel eilt zum Einkaufen in die Lebensmittelabteilung eines Kaufhauses um die Ecke.

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