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Wahlsieger. Der liberalkonservative Kandidat Bronislaw Komorowski feiert in Warschau seinen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl. Das Ergebnis fiel jedoch knapp aus.

© Bartlomiej Zborowski/dpa

Ost und West: Wahl in Polen spaltet Bevölkerung

Auch wenn Bronislaw Komorowski der Gewinner der polnischen Präsidentschaftswahlen ist, wird deutlich, dass die Bevölkerung im Osten des Landes klar auf den rechtskonservativen Jaroslaw Kaczynski gesetzt hat.

53 Prozent für Polens liberalkonservativen Parlamentschef Bronislaw Komorowski – so lautet zunächst einmal das nackte Ergebnis der Präsidentschaftswahl im Nachbarland. Angesichts des Gesamtergebnisses geht allerdings leicht unter, dass Komorowski kein starkes gesellschaftliches Mandat bekommen hat. Denn der Osten des Landes, die Alten und die ländliche Bevölkerung haben klar auf den rechtskonservativen Kandidaten Jaroslaw Kaczynski gesetzt. Und trotzdem verfügt die liberalkonservative Regierungspartei Bürgerplattform PO über ein Machtmonopol: Mit Komorowski im Präsidentenpalast und einer Mehrheit im Parlament könnte Regierungschef Donald Tusk nun endlich durchregieren und die dringend nötigen Reformen beim Gesundheits- und Rentensystem sowie den Finanzen anpacken.

All diese Erkenntnisse stehen am Ende einer dramatischen Wahlnacht, wie sie Polen noch nie erlebt hat. Kurz nach der Schließung der Wahllokale schien der Sieg des rechtsliberalen Präsidentschaftskandidaten Komorowski sicher. Selbst die verbissene rechtskonservative Kämpfernatur Kaczynski hatte seine Niederlage bereits eingestanden. Kurz nach Mitternacht drehte sich die Reihenfolge plötzlich um – Kaczynski schien die Wahl gewonnen zu haben. In der Zentralen Wahlkommission in Warschau waren zuvor besonders viele Resultate aus ländlichen Gemeinden eingegangen. Trafen in der Folge Zahlen aus dem Ostteil des Landes ein, so hatte Kaczynski die Nase vorn. Wurden Wahlzettel aus Westpolen zusammengezählt, fiel die Rechnung zu Gunsten Komorowskis aus. Erst in den frühen Morgenstunden konnten Polens Liberale endlich aufatmen: Nach Auszählung von 95 Prozent der Stimmen führte Komorowski mit 52,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 55,3 Prozent trotz der Urlaubssaison sogar etwas höher als bei der ersten Runde vor zwei Wochen.

Kaczynski-Partei vor allem im Osten des Landes stark

Seit der Gründung der Kaczynski-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ vor zehn Jahren findet sie ihre Wähler vor allem in den strukturschwachen Regionen Ostpolens sowie unter den älteren und schlecht gebildeten Bevölkerungsschichten. Die augenfällige Teilung des Landes entwickelt sich immer mehr zu einem Problem. „Polen ist in zwei Teile zerfallen“, konstatierte Komorowski noch in der Wahlnacht, „aber wir sollten nun Einheit stiften, denn Polen ist das Wichtigste“. Wie dies geschehen soll, ließ er wie so vieles während seiner müden Wahlkampagne offen. Komorowski hatte sich im Wahlkampf monatelang einzig auf die guten Umfragewerte der Regierung Tusks verlassen und wenig Eigenständigkeit bewiesen. Nach der Flugkatastrophe von Smolensk im April schwand sein Vorsprung von anfänglich über 30 Prozent gegenüber Kaczynski schnell auf wenige Prozentpunkte. Drei Tage vor der Stichwahl sei Regierungschef Tusk in Panik geraten und ausgeflippt, wollte das Politmagazin „Newsweek Polska“ am Montag wissen. Seinen Lesern präsentierte es ein Rubbelbild mit beiden Präsidentschaftskandidaten – sicher ist sicher.

Bei den letzten Wahlveranstaltungen hatte sich Tusk selbst für Komorowski stark gemacht – und auch der ehemalige Präsident Lech Walesa wurde aufgeboten. Beide warnten die Polen eindringlich vor einem weiteren fünfjährigen Dauerkrieg zwischen Ministerrat und Präsidentenpalast, vor einer weiteren Veto-Blockade des Präsidenten und diplomatischen Skandalen auf dem europäischen Parkett. Einen durchschlagenden Erfolg hatten sie damit aber nicht. Vielmehr müssen die 47 Prozent der Stimmen, die Jaroslaw Kaczynski am Ende für sich verbuchte, als großer Erfolg gewertet werden. Dank einer Imagekorrektur, die seine versöhnlichen Züge herausarbeitete, konnte Kaczynski weit in die politische Mitte vorstoßen.

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