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Ostermarschbegründer Andreas Buro: „Wir müssen Alternativen aufzeigen“

Der Politikwissenschaftler Andreas Buro gehört zu den Begründern der Ostermarschbewegung in den 60er Jahren. über die Aufgaben der Friedensbewegung und den Irankonflikt.

Herr Buro, die Gegenwart ist geprägt von einer Vielzahl kriegerischer Konflikte – trotzdem hatte die Friedens- und Ostermarschbewegung schon mal mehr Zulauf. Worauf führen Sie das zurück?

Der Zulauf zur Friedensbewegung ist abhängig von den Motivationen der Menschen. Sie kommen, weil sie sich bedroht fühlen wie in den frühen 80er Jahren, oder weil sie empört sind, wie zum Beginn des Irakkriegs. Die Menschen entscheiden: Ist das im Augenblick für mich wichtig oder gibt es andere Prioritäten?

Was ist den Menschen derzeit wichtiger?

Die soziale Frage.

Warum braucht es die Friedensbewegung trotzdem?

Die Friedensbewegung hat einen bedeutenden Einfluss auf das gesellschaftliche Bewusstsein. Das fing in den 60ern mit den Protesten gegen Atomwaffen in Ost und West an und entfaltete sich dann zur Kampagne für Demokratie und Abrüstung. Die Bewegung hat wesentlich dazu beigetragen, dass diese Gesellschaft heute ein differenziertes und differenzierendes Bewusstsein hat gegenüber dem militärischen Konfliktaustrag.

Welche Aufgabe hat die Bewegung heute?

Alternativen aufzeigen und damit erreichen, dass mehr und mehr Konfliktsituationen zivil gelöst werden.

Wie kann das konkret aussehen?

Beispiel Irankonflikt: Wir schlagen vor, dass man dem Iran in Übereinstimmung mit dem Atomwaffensperrvertrag die zivile Nutzung der Kernenergie zugesteht, das aber verbindet mit strengen Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde. Zugleich müsste die militärische Bedrohung durch die USA und Israel aufgehoben werden. Solange die besteht, werden im Iran Teile der politischen Elite sagen: Wir brauchen Atomwaffen, um abschrecken zu können. Nimmt man die Drohung vom Tisch und ermöglicht dem Iran durch direkte Gespräche, das Gesicht zu wahren, dann kann er sich anders als bisher, kooperativer verhalten. Die derzeit übliche Kombination aus Diplomatie und militärischer Drohung – man fühlt sich an Goethe erinnert: „Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt“ – verhindert partnerschaftliche Überlegungen zur Problemlösung. Darum lehnen wir zivil-militärische Zusammenarbeit wie auch militärgestützte Diplomatie ab. Wichtig sind vertrauensbildende Maßnahmen.

Wo soll das Vertrauen herkommen angesichts von Gesprächspartnern wie Milosevic, Saddam oder Ahmadinedschad?

Der Iran hat sich in manchen Situationen schlitzohrig verhalten – nur tun das viele andere auch. Ich weiß nicht, ob das grundsätzliche Misstrauen gegen den Iran als Schurkenstaat auf der Achse des Bösen gerechtfertigt ist. Man muss doch auch sagen: Wenn behauptet wird, der Iran könne, wenn er Atomwaffen hat, irgendjemanden bedrohen, dann ist das ein militärpolitischer Unsinn, denn dann müssten die Iraner Selbstmörder sein.

Ahmadinedschad hat Israel gedroht, es von der Landkarte zu tilgen – ist das schlitzohrig?

Die israelische Politik ist extrem gewaltgestützt. Israel agiert als Okkupationsregime in Palästina, hat damals im Irak vorbeugend einen von Franzosen gebauten Atomreaktor zerbombt und droht jetzt offen mit einem präventiven Militärschlag – also ich würde diese Dinge eher im Bereich der Produktion von Legitimation für militärische Aktionen einordnen.

Das Gespräch führte Michael Schmidt.

Andreas Buro gehört zu den Begründern der Ostermarschbewegung in den 60er Jahren. Der heute 80-Jährige wirkte lange als Professor für Politikwissenschaft in Frankfurt am Main.

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