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Deutsche Ermittler sind auf dem Weg nach Griechenland, sagte der Chef des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke am Mittwoch vor der Presse in Wiesbaden.

© REUTERS

Paketbombe im Kanzleramt: Griechischer "Knallfrosch" mit Schwarzpulver

Die am Dienstag in der Poststelle des Kanzleramts entdeckte Bombe war nach Ansicht von Experten nicht ungefährlich – im Vergleich zu Sprengsätzen aus dem Jemen sei sie aber "beinahe nur ein Knallfrosch" gewesen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Das Paket, das ein Kurier des Paketdienstes UPS am Dienstagmittag an der Pforte des Kanzleramts abgab, sah aus wie ein Paket eben aussieht: schlichtes braunes Packpapier, der angebliche Absender und die Empfängerin auf zwei computergedruckten Aufklebern rechts oben und links unten vermerkt. Das genau hat es offenbar verdächtig gemacht. Wenn wirklich der griechische Wirtschaftsminister der Kanzlerin persönlich etwas senden wolle, sagen Leute, die mit den Vorgängen vertraut sind, dann kommt nicht der Postbote vorbei, sondern der Botschafter.

Der in dem Paket versteckte Sprengsatz war denn auch rasch entdeckt und unschädlich gemacht. „Die Sicherheitsmaßnahmen im Kanzleramt funktionieren“, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch. Die Prüfung, der das verdächtige Päckchen unterzogen wurde, sei im Übrigen „exakt“ die gleiche, die jede Sendung in der Poststelle absolvieren müsse, egal ob es Angela Merkels Privatpost sei oder ein Schreiben an einen Mitarbeiter. Merkel hat die Poststelle am Vormittag besucht und den Mitarbeitern für ihre Aufmerksamkeit und professionelle Reaktion herzlich gedankt. Zwei Dutzend Mitarbeiter arbeiten im Schichtbetrieb in der Stelle außerhalb des Hauptbaus, die in drei Bereiche für Durchleuchtung, Öffnung und Verteilung der Post aufgeteilt ist. Auch die Mitarbeiter der „Bomben-Schicht“ waren da, als Merkel sich bedankte. Öffentlich setzte sich die Kanzlerin per Interview dafür ein, die Kontrollen im Luftfrachtverkehr weltweit deutlich zu verbessern, und forderte die Bürger zu aufmerksamem Verhalten auf: „Jeder Einzelne ist zur Wachsamkeit aufgerufen.“

Woraus genau die Sprengladung bestand, wurde noch untersucht. Der Sprecher des Innenministers berichtete von einer „schwarzpulverähnlichen“ Substanz, die die Attentäter in einem Rohr in einem ausgehöhlten Buch versteckt hatten. Auch der Weg des Pakets lässt sich inzwischen zurückverfolgen: Nach Ermittlungen der griechischen Polizei wurde es am Montag in der Filiale des Paketdienstes abgegeben, von dort zur Athener UPS-Zentrale transportiert und zur Luftfracht nach Berlin weitergeleitet.

Dass griechische Linksextremisten hinter dem Angriff stecken, gilt ohnehin als ausgemacht; zu den Bombensendungen, die Al-Qaida-Terroristen aus dem Jemen per Luftfracht verschickt hatten, gebe es nach allen bisherigen Erkenntnissen weder eine Verbindung noch ließen sie sich vergleichen, hieß es aus dem Innenministerium. Tatsächlich war die Bombe im Kanzleramt nicht ungefährlich für jemanden, der das Paket geöffnet hätte – im Vergleich zu den hochbrisanten, professionell gebauten Sprengsätzen aus dem Jemen aber war sie, wie sich ein Sicherheitsexperte ausdrückt, „beinahe nur ein Knallfrosch“. Im Kanzleramt war die Arbeit während der Entschärfung normal weitergegangen; die meisten Mitarbeiter, sagte Seibert, hätten gar nichts gemerkt.

13 Bombenpäckchen mit mutmaßlichem Absender in Griechenland sind in ganz Europa inzwischen entdeckt in worden. Fast alle konnten unschädlich gemacht werden. Hinweise, dass weitere Pakete unterwegs sind, gibt es nach Angaben des Chefs des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, derzeit nicht. Das BKA habe aber Schritte unternommen, damit verdächtige Sendungen frühzeitig entdeckt würden. Zum Beispiel würden die Mitarbeiter von Poststellen derzeit von BKA-Mitarbeitern besonders sensibilisiert, worauf sie zu achten haben. Ziercke hat eine Gruppe seiner Mitarbeiter nach Griechenland geschickt, um den dortigen Behörden zu helfen und Erkenntnisse für die eigenen Ermittlungen zu gewinnen. Mit der Sicherheit am Kanzleramt ist auch Ziercke zufrieden: „Die Kanzlerin ist hervorragend geschützt, da gibt es keinen Zweifel“, sagte der oberste Kriminalbeamte.

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