zum Hauptinhalt
Pakistan Wahl

© AFP

Pakistan: Angst vor Wahlbetrug geht um

In Pakistan wird gewählt. Die Prognosen sagen eine klare Niederlage von Präsident Pervez Musharraf voraus. Die Lage ist angespannt. Bei Fälschung "wird es Gewalt geben", sagt ein Kandidat der Opposition.

Die Frauen in der Warteschlange vor dem Wahllokal in der Garnisonsstadt Rawalpindi lassen keinen Zweifel daran, wen sie nicht wählen werden. "Wir werden heute die Luft aus den Reifen des Fahrrads lassen", sagt Hamida Khizer mit triumphierendem Lächeln. Die Umstehenden nicken eifrig. Das Fahrrad ist das Symbol der regierenden Pakistanischen Muslim-Liga (Quaid), die den immer unbeliebteren Präsidenten Pervez Musharraf unterstützt. Nimmt man die Stimmung unter Wählern in der Hauptstadt Islamabad und im benachbarten Rawalpindi als Gradmesser, dann deutet vieles auf den von Umfragen vorausgesagten klaren Sieg der Opposition hin.

Vor einem Wahllokal in Rawalpindi hat die Pakistanische Volkspartei PPP der Ende Dezember ermordeten Oppositionsführerin Benazir Bhutto einen Informationsstand aufgebaut. Davor drängen sich die Menschen. Am Stand der PML-Q herrscht dagegen gähnende Leere. Niemand interessiert sich für das Informationsmaterial, das die 15-jährige Humera verteilen soll. Selbst Humera wirkt nur auf den ersten Blick wie eine engagierte PML-Q-Anhängerin, die ihre Freizeit opfert. Die Partei habe ihr 500 Rupien, umgerechnet knapp sechs Euro, dafür gezahlt, sich am Wahltag an den Stand zu setzen, sagt sie - weil keine Freiwilligen zu finden waren.

Ungeliebter Präsident

Ihre Eltern sind so arm, dass sie sich den Schulbesuch der Tochter nicht leisten können, der Vater und ihre erwachsenen Brüder sind alle arbeitslos. Die Familie wird natürlich nicht für die PML-Q stimmen, sondern geschlossen für die PPP. "Musharraf hat nichts für uns getan." Der Ex-General ist inzwischen so unbeliebt, dass sich am Tag der Parlamentswahl selbst unter Anhängern der PML-Q kaum jemand findet, der für ihn werben möchte. Einer der wenigen Sympathisanten ist Mohammad Saghir Raja, der auf den Ausbau der Infrastruktur unter Musharraf und der PML-Q-Regierung verweist. Außerdem sei der Präsident "ein mutiger Mensch", sagt Raja.

Mutig genug, sich den neuen Volksvertretern zu stellen, war Musharraf nicht. Sicherheitshalber ließ er sich noch vom alten Parlament, in dem er noch eine Mehrheit hatte, für weitere fünf Jahre im Amt bestätigen. Auch wenn er selbst am Montag nicht zur Wahl stand, ist das Votum zum "Referendum über Musharraf" geworden, sagt Rashid Nasim, ein PPP-Kandidat für das Provinzparlament in der Region Punjab. "Die Menschen stimmen gegen Musharraf ab." Der Ex-General ist seit seinem Rücktritt vom Amt des Armeechefs nur noch "ein Löwe ohne Zähne und Klauen", gegen den die Opposition nach einem Sieg wohl vorgehen wird. Musharraf, sagt Nasim, "muss ins Gefängnis".

Angst vor Wahlmanipulation

Auch Hamida Khizer, die in Rawalpindi geduldig darauf wartet, ihre Stimme abgeben zu dürfen, hält eine neue Regierung mit einem neuen Premierminister unter dem alten Präsidenten nicht für akzeptabel. Sie bemüht ein pakistanisches Sprichwort: "Wenn man den toten Hund nicht aus dem Brunnen holt, wird man den Brunnen nie sauber bekommen." Ob die Opposition die Wahl aber tatsächlich gewinnt - und wenn ja, wie hoch - kann auch davon abhängen, ob die PML-Q das Ergebnis manipuliert. Musharraf ging vor der Wahl öffentlich davon aus, dass die Regierungspartei die meisten Stimmen bekommt. "Wir haben noch nicht einmal gewählt, und er hat schon verkündet, wer gewinnen wird", sagt Saeeda Abbazi, die gemeinsam mit Hamida Khizer wartet.

Die PML-Q habe die Abstimmung bereits vor dem Wahltag manipuliert, sagt der PPP-Kandidat Nasim. "Die Wahl ist überhaupt nicht frei und fair." Ein vorläufiges Ergebnis wird an diesem Dienstag erwartet. Sollte die PML-Q entgegen aller Umfragen dann tatsächlich als Gewinner hervorgehen, sei eines klar: "Dann sind wir am nächsten Tag auf der Straße", betont Nasim. "Dann wird es Gewalt geben."

Die Lage im Land ist angespannt, das bekommen auch die EU-Wahlbeobachter zu spüren. Als der Leiter der Mission, der Deutsche Michael Gahler, in Rawalpindi Wahllokale besucht, bekommt er einen Anruf aus der Zentrale, dass im Stadtgebiet möglicherweise Anschläge geplant werden. In seinem gepanzerten Wagen verlässt Gahler die Stadt und weicht in nahe ländliche Gebiete aus. Angst hat der erfahrene Wahlbeobachter nicht. "Aber es ist schon ein anderes Gefühl selbst als in Palästina. Dort kriegt man solche Anrufe nicht."

Can Merey[dpa]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false