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070907pakistan

© AFP

Pakistan: Die alten Gehilfen

Pakistan hat lange die Ausbildung islamistischer Kämpfer gefördert – und jetzt ein Problem.

Offiziell lässt die Regierung dementieren, aber inoffiziell widerspricht in Islamabad niemand: Sechs Jahre nach dem 11. September und sechs Jahre nachdem Pakistan einer der wichtigsten Alliierten der USA im Antiterrorkampf geworden ist, bilden im Land nach wie vor Islamisten ihre Anhänger aus. Und zwar auch in Trainingslagern, wo sie für den Kampf gegen die Ungläubigen präpariert werden – so wie es offenbar auch bei den jetzt in Deutschland festgenommenen Terrorverdächtigen der Fall war. Dass aber ausgerechnet bestimmte Regionen Pakistans zu Ausbildungsstätten für den internationalen Terror geworden sind, liegt daran, dass Islamabad selbst die Islamisten lange intensiv gefördert hat.

Schon vor hundert Jahren wussten sogenannte muslimische Aktivisten das heutige Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan als Rückzugsgebiet für den Widerstand gegen die britische Kolonialmacht zu schätzen. Es war jedoch der Krieg in Afghanistan und gegen die sowjetischen Truppen, der die Region spätestens in den 80er Jahren zu einem Sammelbecken für radikale Islamisten aus Zentralasien und Saudi-Arabien werden ließ. Mit finanzieller Unterstützung des US-Geheimdienstes CIA und der Regierung in Riad stattete der pakistanische Geheimdienst ISI Trainingslager im Grenzgebiet aus. Peshawar, die Hauptstadt der Nordwest-Grenzprovinz, wurde damals zum Knotenpunkt des Widerstands gegen die Sowjets in Afghanistan, noch heute leben dort mehr als eine, vielleicht sogar zwei Millionen afghanische Flüchtlinge.

Nach dem Rückzug der Sowjets aus Afghanistan blieben nicht nur viele ausländische, plötzlich arbeitslos gewordene Kämpfer in den Gebieten zurück, auch die Infrastruktur der Lager existierte weiter. Lange gefördert durch das pakistanische Militär, das so den Kampf der Taliban gegen die Mudschaheddin in Afghanistan stützte. Außerdem, sagt der Pakistanexperte Dietrich Reetz, heizte Pakistan nach 1989 mit den „frei gewordenen Kapazitäten den islamistischen Widerstand in Kaschmir“ gegen Indien, den Gegner Nummer eins, weiter an. Selbst Musharraf hat sich als Armeechef solcher „Freiheitskämpfer“ in Kaschmir bedient, erst mit der Drohung eines US-Angriffes im Herbst 2001 kam die Wende.

Allerdings weiß niemand, wie viel Kontrolle Militär und ISI noch über die Extremisten haben. Einige islamistische Organisationen, die erst mit großer Geste verboten wurden, haben sich anschließend unter neuem Namen schnell wieder formiert. Dass es immer noch Lager gibt, dürfte in Kaschmir daran liegen, dass der Konflikt mit Indien zwar milder geworden, aber noch nicht gelöst ist. Musharraf kann oder will sich dieser Gruppen deshalb wohl nicht ganz entledigen. Im Grenzgebiet zu Afghanistan haben ausländische Islamisten zum Teil die paschtunischen Clanchefs und Stammesstrukturen ersetzt. Mit Letzteren versucht das Militär inzwischen zusammenzuarbeiten, um die Ausländer loszuwerden oder ruhig zu stellen, die Terrororganisationen wie Al Qaida nahe stehen. Einige kooperative Stammeschefs haben die Zusammenarbeit mit dem Leben bezahlt.

Je mehr die Regierung gegen die einst von ihr gepäppelten Islamisten vorgeht, umso mehr wenden sich diese gegen sie. Schon 2003 hat Präsident Pervez Musharraf mehrere Anschläge nur mit Glück überlebt. Und vor kurzem wurden in Wasiristan in den Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan mehr als 300 Soldaten entführt.

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