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Pakistan

© dpa

Pakistan: Tod eines Terroristen

Pakistans gefährlichster Taliban-Führer ist tot: Eine US-Bombe tötet Baitullah Mehsud und seine Ehefrau.

Schon mehrfach wurde sein Tod gemeldet, aber immer entpuppten sich die Meldungen als falsch. Nun ist ihm ein Besuch bei seiner jungen Ehefrau zum Verhängnis geworden: Baitullah Mehsud, Pakistans gefährlichster Taliban-Führer und einer der meistgesuchten Terroristen der Welt, ist tot. Er war zu Besuch bei seiner zweiten Frau, als US-Drohnen das Gehöft seines Schwiegervaters im pakistanischen Süd-Wasiristan bombardierten. „Ich bestätige, dass Baitullah Mehsud und seine Frau bei dem amerikanischen Raketenangriff starben“, sagte der Taliban-Kommandant Kafayatullah am Freitag der Nachrichtenagentur AP. Wenig später bestätigte auch Pakistans Regierung offiziell den Tod von Mehsud.

Terrorexperten befürchten nun Racheanschläge seiner Anhänger im Land. Sein Tod ist der seit langem spektakulärste Erfolg für die USA und Pakistans Militär im Anti-Terror-Kampf – und ein schwerer Schlag für Pakistans Taliban. Angeblich beriefen führende Taliban-Kommandanten am Freitag eine Schura (Ratsversammlung) ein, um einen Nachfolger zu bestimmen. Mehsud galt in Pakistan als Staatsfeind Nummer eins. Washington hatte jüngst ein Lösegeld von fünf Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt.

Mehsud gilt als führender Kriegsherr der Taliban in Pakistan. Ihm wird eine ganze Welle von blutigen Terrorattacken angekreidet, die Pakistan seit 2006 überrollt. Auch der Anschlag auf das Nobelhotel Marriott in Islamabad im Herbst 2008, der über 50 Menschen das Leben kostete, soll auf sein Konto gehen. Die Regierung lastet ihm auch den Mord an der früheren Premierministerin Benazir Bhutto im Dezember 2007 an. Mehsud selbst bestritt dies aber vehement, und auch in Pakistan glaubt kaum jemand, dass er hinter dem Attentat steckte. Auch die Machart spricht eher gegen ihn.

Der 37-Jährige ist für Pakistans Taliban nur schwer zu ersetzen. Sein Tod hat sie ihrer charismatischsten Führungsfigur beraubt. Ihm war es gelungen, 20 teilweise rivalisierende Taliban-Gruppen im Nordwesten Pakistans hinter sich zu scharen. Er soll 10 000 bis 30 000 Kämpfer befehligt haben. Sein Ziel war vor allem der pakistanische Staat, in Afghanistan war er weniger aktiv. Süd-Wasiristan war faktisch sein Fürstentum. Dort bot er auch Al Qaida und Terroristen aus aller Welt Unterschlupf.

Die Kooperation mit Al Qaida rückte ihn ins Visier der USA. Zuletzt galt er als wichtigstes Bindeglied zwischen der Al- Qaida-Führung und Pakistans Taliban. Sein Tod könnte die Kontakte zwischen beiden Gruppen empfindlich stören. Lange schien es, dass Pakistans Geheimdienst ISI seine Hand über Mehsud hielt, der angeblich unter Diabetes litt und ständig einen Arzt brauchte. Nun gab das Militär ihn offenbar zum Abschuss frei und verriet seinen Aufenthaltsort. Dies zeigt, dass Pakistans Militär und die USA weit enger bei den Drohnen-Attacken kooperieren, als sie öffentlich zugeben.

Auch Mehsuds jüngere Ehefrau, die er vor einem Jahr geheiratet hatte, kam bei dem Angriff ums Leben. Zwei US-Raketen seien um ein Uhr in der Nacht zum Mittwoch in das Haus ihres Vaters Malik Ikaramuddin im Dorf Zangara eingeschlagen, berichtete die Zeitung „Dawn“. Mehsud soll bereits am Mittwoch beerdigt worden sein. Selbst wenn man eine Leiche findet, würde es schwer sein, sie als Mehsuds Überreste zu identifizieren, denn man weiß fast nichts über ihn. Er soll eher kleinwüchsig gewesen sein. Es gibt nur wenige Bilder von ihm, sein Gesicht ist darauf meist halb verdeckt. Sie zeigen einen noch jungen Mann mit langer, schwarzer Mähne. Angeblich besuchte Mehsud bis zu seinem zwölften Lebensjahr eine Koranschule und arbeitete später als Turnlehrer und Lastwagenfahrer, bevor er zu den Taliban ging.

Christine Möllhoff[Kabul]

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