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Nawaz Sharif (l.) erklärte sich zum Wahlsieger.

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Update

Pakistan: Sharif erklärt sich zum Sieger der Wahlen

Millionen Menschen gaben bei den historischen Wahlen am Samstag in Pakistan ihre Stimme ab. Die befürchtete Anschlagswelle blieb aus, doch vor allem in Karachi kam es zu Wahlbetrug. Am Abend erklärte sich der ehemalige Regierungschef zum Sieger.

Der ehemalige Regierungschef Nawaz Sharif hat sich zum Sieger der Parlamentswahl in Pakistan erklärt. Seine Mitte-rechts-Partei Pakistanische Muslimliga (PML-N) habe den Urnengang vom Samstag gewonnen, sagte Sharif vor jubelnden Anhängern in Lahore. Zugleich lud er alle anderen Parteien ein, bei der Lösung der Probleme des Landes zu helfen. Teilergebnissen zufolge hatte Sharif die Nase vorn. Mit aussagekräftigen vorläufigen Ergebnissen wird allerdings erst an diesem Sonntag gerechnet.

Ungeachtet der Anschlagsdrohungen der Taliban hatten Millionen Pakistaner am Samstag bei den Parlamentswahlen ihre Stimme abgegeben, um über den Kurs des Landes zu entscheiden. Dabei deutete sich eine mögliche Rekordbeteiligung von bis zu 60 Prozent der Wahlberechtigten an. „Der Andrang war unglaublich“, sagte der Chef der Wahlkommission, Fakhruddin Ibrahim. Vor allem in den Städten Karachi, Lahore und Peschawar bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen. Am Abend wurde daraufhin die Wahlzeit um eine Stunde auf sechs Uhr verlängert. Die Wahlen waren von massiven Sicherheitsvorkehrungen begleitet. 670 000 Sicherheitskräfte befanden sich im Einsatz, um die 77 000 Wahllokale zu sichern. Die Taliban hatten eine ganze Welle von Selbstmordattacken angedroht.

Die Taliban hatten eine ganze Welle von Selbstmordattacken angedroht. In Karachi starben 17 Menschen bei einem Anschlag auf ein Parteibüro, in Belutschistan wurden sechs Menschen bei zwei Angriffen getötet. Doch die befürchtete Anschlagsserie auf Wahllokale blieb aus. “Demokratie 1, Taliban 0”, tweetete die Journalistin Nahal Toosi. Die Wahlen gelten als Meilenstein für Pakistan: Erstmals in der Geschichte des Landes hielt eine zivile Regierung die volle Amtszeit durch, und es wurde eine neue gewählt, ohne dass das Militär vorher putschte.

In der Hafenstadt Karachi, die als Hochburg der Bhutto-Partei PPP und der MQM gilt, gab es allerdings Berichte über massiven Betrug, der das Ergebnis dort verfälschen könnte. Die Oppositionsparteien PML-N und PTI protestierten. Es könnte daher dort zu Nachwahlen kommen.

Viele Pakistaner sehnen sich nach einem Neubeginn

Vor allem der rasante Aufstieg Khans macht den Ausgang der Wahlen unkalkulierbar. Seine PTI ist zur dritten Kraft erstarkt, die erstmals an der jahrzehntelangen Vormachtstellung der beiden Feudalparteien PPP und PML-N rüttelt. Viele Pakistaner sehnen sich nach einem Neubeginn. Die Lage des Landes ist verzweifelt. In manchen Gebieten gibt es nur noch ein, zwei Stunden Strom am Tag. Die Lebensmittelpreise explodieren, die Arbeitslosigkeit steigt und die Gewalt blüht.

Auch Washington beobachtete die Wahlen gespannt. Die USA sind auf Pakistan angewiesen, um den Krieg in Afghanistan zu beenden und dem Abzug der West-Truppen in 2014 den Weg zu ebnen. Experten rechnen aber damit, dass keine Partei eine alleinige Mehrheit bekommt. Damit droht dem Atomstaat eine schwache Koalitionsregierung.

Weniger Gewalt

Der Wahlkampf war von einer Gewaltwelle überschattet. Mehr als 130 Menschen wurden seit Mitte April getötet. Damit hat die Gewalt jedoch nicht zugenommen. “Die Wahlen 2008 waren blutiger”, schrieb die Wahlanalystin und Politologin Megan Reif im US-Politmagazin Foreign Policy. So seien 2008 über 150 Menschen getötet worden.

Neu war jedoch, dass die Taliban systematisch die drei Parteien PPP, ANP und MQM attackierten, die die Militanten als “säkular” betrachten. Die drei Parteien verloren Dutzende Kandidaten und Wahlkämpfer. Als Folge konnten sie kaum Wahlkampf führen, was ihre Chancen erheblich minderte.

Dahinter steht Kalkül: Die Taliban wollen offenbar religiöse Parteien stärken, damit diese den Sprung ins Parlament schaffen. So blieben die islamistischen Parteien, aber auch die Parteien von Sharif und Khan weitgehend verschont.

Reif wertete die Gewaltwelle als Zeichen der Schwäche der Militanten. “Der scheinbare Anstieg im Gebrauch der Extremisten von Gewalt in diesen historischen Wahlen ist kein Zeichen ihrer Stärke, sondern ein Zeichen ihrer wachsenden Irrelevanz in einer Gesellschaft, die sich schnell in Richtung von Wahlen zwischen regulären, konkurrierenden Volksparteien vorwärtsentwickelt.”

Überraschend wurde derweil der Bürochef der New York Times, Declan Walsh, kurz vor dem Wahltag aus Pakistan ausgewiesen. Pakistan warf ihm “unerwünschte Aktivitäten” vor, ohne dies näher zu erläutern. Die New York Times protestierte empört gegen die Ausweisung und verlangte eine Erklärung. Walsh, der seit 2004 aus Pakistan berichtete, gilt als intimer Kenner des Landes. Laut “Spiegel” hatte ein Bericht Walshs für Ärger mit dem Militär gesorgt.

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