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Pakistans ehemaliger Machthaber Pervez Musharraf.

© AFP

Pakistan: Von der Villa ins Polizei-Hauptquartier

Pakistans Ex-Machthaber Musharraf ist festgenommen worden - der Arrest bringt Armeechef Ashfaq Parvez Kayani in eine Zwickmühle.

Am Ende blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als sich zu stellen. Weniger als 24 Stunden nach seiner viel verspotteten, filmreifen Flucht aus dem Gerichtssaal nahm die Polizei am Freitag Pakistans Ex-Militärherrscher Pervez Musharraf fest – angeblich hatte er sich freiwillig ergeben. Zunächst wurde der 69-Jährige in seiner Villa vor den Toren Islamabads unter Hausarrest gestellt. Doch am Nachmittag verlegte die Polizei ihn überraschend in ihr Hauptquartier.

Damit nimmt das Drama eine beispiellose Wende. Es wäre das erste Mal in der 66-jährigen Geschichte des Landes, dass ein Ex-Armeechef vor Gericht gestellt wird. Dem General wird Hochverrat vorgeworfen – und nun auch Terrorismus. Theoretisch droht ihm die Todesstrafe. Am Sonntag muss er vor einem Anti-Terror-Gericht erscheinen. Musharraf nannte die Vorwürfe „politisch motiviert“. Sein Anwalt wollte Haftverschonung beim Obersten Gericht beantragen.

„Hängt ihn“, skandierten Anwälte voller Hass auf der Straße. Der General, der von 1999 bis 2008 regierte, wird immer mehr zur tragischen Gestalt. Nach vier Jahren im Exil war er erst Ende März zurückgekehrt, um an den Wahlen am 11. Mai teilzunehmen – gegen den eindringlichen Rat der Militärs. Statt in die Politik zurückzukehren, könnte er nun seine Tage als Gefangener fristen.

Zunächst hatten ihm Gerichte freies Geleit gegen Kaution gewährt, doch nun bläst die Justiz zum Rachefeldzug. Musharraf hatte sich die Justiz zum Feind gemacht, als er 2007 Chefrichter Iftikhar Chaudhry und weitere 60 hohe Richter absetzte und unter Hausarrest stellte. Deshalb wurde nun Haftbefehl wegen „Hochverrats“ erlassen. Auch der Senat forderte in einer Resolution, ihn vor Gericht zu stellen.

Die Entwicklung ist brisant. Zwar ist Musharraf längst politisch irrelevant. Doch sein Arrest bringt Armeechef Ashfaq Parvez Kayani in eine Zwickmühle. Nach Ansicht von Beobachtern dürften die Generäle einen Prozess gegen Musharraf kaum zulassen. Dabei könnte manch dunkles Geheimnis zutage kommen, das das Militär lieber hüten möchte.

Der Konflikt könnte Spannungen zwischen Militär und Justiz provozieren, die das Krisenland ausgerechnet vor den Wahlen weiter destabilisieren. Unter dem pakistanischen Oberrichter Chaudhry ist die Justiz zu einer Kraft erstarkt, die sich heftig in die Politik einmischt. Auch der bisherigen Regierungspartei PPP hat Chaudhry immer wieder mit juristischen Schachzügen zugesetzt.

Chaudhry wird nachgesagt, mit Oppositionsführer Nawaz Sharif von der PML-N zu sympathisieren, der den Religiösen nähersteht. Sharif gilt als Favorit bei den Wahlen. Es gibt Gerüchte, dass Sharif dem Chefrichter, dessen Amtszeit in diesem Jahr ausläuft, den Präsidentenposten versprochen hat, den bisher Bhutto-Witwer Asif Ali Zardari innehat.

Von fairen und freien Wahlen kann kaum die Rede sein. Die Taliban überziehen das Land mit Anschlägen. Dabei machen sie gezielt Jagd auf die Kandidaten säkularer Parteien. Vor allem die Awami-Liga, eine moderate paschtunische Partei, hat zahlreiche Todesopfer zu beklagen.

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