zum Hauptinhalt
Die Flagge der Republik Panama vor der Botschaft des Landes in Berlin.

© Paul Zinken/dpa

"Panama Papers": Die Doppelmoral der Politik ist der eigentliche Skandal

Nach den "Offshore Leaks" und den "Swiss Leaks" kommen nun die "Panama Papers". Doch auch diese Enthüllungen werden verpuffen. Was zu tun wäre, demonstriert die Deutsche Bank - unfreiwillig. Ein Kommentar.

Nun also Panama. 11,5 Millionen Dokumente über 214.000 Tarnfirmen und deren Eigentümer hat ein anonymer Informant der Weltöffentlichkeit geschenkt. Sie dokumentieren erneut das ungeheuerliche Ausmaß des weltweiten Geschäfts mit der Geheimhaltung von privatem Vermögen.

Einmal mehr stehen damit Politiker, reiche Prominente und Funktionäre von Russland über die Schweiz bis Island am Pranger, weil sie ihren Besitz vor den Behörden ihrer Heimatstaaten verbergen. Und wieder einmal, wie schon bei den „Offshore Leaks“ über das gleiche Geschäft auf den britischen Jungferninseln, oder den „Swiss Leaks“ zu den Schweizer Geheimkonten der Großbank HSBC und Dutzenden ähnlicher Enthüllungen, werden sich Finanzpolitiker aller Couleur empören und harte Maßnahmen gegen die Schwarzgeldbranche versprechen.

Aber werden sie auch liefern? Zweifel sind leider allzu berechtigt. Schließlich sind die wesentlichen Tatsachen seit Jahrzehnten bekannt. Weltweit, das ist plausibel belegt, sind mindestens 20 Billionen Dollar „offshore“ gebucht, das heißt außerhalb des Heimatlands ihrer Eigentümer und in aller Regel geheim und steuerfrei. Durch dieses schwarze Loch der Weltwirtschaft entgehen den Staaten Steuereinnahmen von vorsichtig geschätzt 200 Milliarden Dollar pro Jahr, weit mehr als alle Entwicklungshilfezahlungen zusammen.

Die nötigen Dienstleistungen dafür bieten die bekannten Operettenstaaten in der Karibik, aber keineswegs sie allein. Den gleichen Service gibt es auch in den USA. Zwar geht die amerikanische Regierung hart gegen alle Banken und Staaten vor, die US-Bürgern die Steuerflucht ermöglichen. Aber wenn dieselben Banken den Bürgern anderer Staaten helfen, ihr Geld zu verstecken, stört das die US-Behörden nicht. Darum können die Bundesstaaten Delaware oder Utah den Eignern von zigtausend Briefkastenfirmen aus aller Welt Geheimhaltung verkaufen.

Die alten Potentaten hatten Konten in Deutschland

Ganz ähnlich halten es viele andere Wohlstandsstaaten der OECD, auch Deutschland. Wer nicht aus der EU und den USA kommt, kann hierzulande unbehelligt von heimischen Behörden anonyme Briefkastenfirmen einrichten und sein Geld anlegen. Steuern werden nicht erhoben, nach der Herkunft des Geldes wird nicht gefragt. So hatten alle im arabischen Frühling gestürzten Potentaten Konten in Deutschland. Deren Aufdeckung erfolgte aber nicht durch deutsche Staatsanwälte oder Banker, sondern durch arabische Aktivisten.

Diese Doppelmoral ist der eigentliche Skandal. Darum verpuffen alle Enthüllungen. Gewiss, schon seit vielen Jahren handeln die OECD-Staaten und die von ihnen abhängigen Steuerfluchtländer immer neue Verträge für Transparenz und Informationsaustausch aus. Doch deren Einhaltung ist nicht mit wirksamen Sanktionen bewehrt, darum ändert sich wenig. Was zu tun wäre, demonstrierte dagegen unfreiwillig die Deutsche Bank. Es sei ja nicht per se gesetzeswidrig, solche Geschäfte zu betreiben, erklärten die Banker, als herauskam, dass auch sie in Panama beteiligt sind.

Wollten die EU-Regierungen tatsächlich gegen Steuerflucht vorgehen, könnten sie genau hier ansetzen. Sie müssten nur „Finanzeinlagen zugunsten solcher Unternehmen und Personen bei Strafe verbieten, die rechtlich in Steuer- und Aufsichtsoasen registriert sind“, schon wäre der Spuk vorbei. Der Vorschlag kam übrigens von Helmut Schmidt. Auch er wurde nicht erhört.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false