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Der neue Fifa-Chef Gianni Infantino. Auch er ist von den Panama Papers betroffen.

© imago/Agencia EFE

"Panama Papers": Neuer Fifa-Chef Gianni Infantino belastet

Alle empören sich über die Praxis der Briefkastenfirmen. Auch der neue Fifa-Präsident scheint darin verstrickt zu sein. Die Kanzlei Mossack Fonseca hat inzwischen Strafantrag gestellt. Die Ereignisse des Tages.

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Ein riesiges Datenleck bei der Kanzlei Mossack Fonseca  in Panama hat weltweit Spitzenpolitiker und Sportstars in Rechtfertigungsdruck gebracht. Mittels 215.000 Briefkastenfirmen, die die Kanzlei verwaltet, sollen sie Geldgeschäfte in Milliardenhöhe abwickeln. Auch Deutsche sollen die Kanzlei genutzt haben. Bundesjustizminister Maas will das Geldwäschegesetz ergänzen. Lesen Sie hier die Entwicklungen des Tages.

+++Fifa-Präsident bestreitet die Vorwürfe. In einer Pressemitteilung der Fifa heißt es: „Es gibt keinerlei Anzeichen für irgendein Fehlverhalten der UEFA oder mir in dieser Angelegenheit." Infantino gab an, niemals persönlich mit Cross Trading oder deren Eigentürmern verhandelt zu haben. Der Bieterprozess sei damals aufseiten der UEFA vom Team Marketing geführt worden. Die UEFA reagierte in einer schriftlichen Erklärung „schockiert“ auf die Medienberichte.

+++ Die Kanzlei Mossack Fonseca geht strafrechtlich gegen die Verantwortlichen des Datenlecks vor. „Niemandem gefällt es, bestohlen zu werden“, teilte ein Sprecher der Kanzlei der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag auf Anfrage mit. „Wir werden unser Möglichstes tun, um die Schuldigen zu bestrafen.“
Mossack Fonseca geht davon aus, dass ihr Server gehackt wurde. „Ein Hackerangriff ist eine Straftat. Ein schweres Verbrechen, das mit Gefängnis bestraft wird“, sagte Kanzlei-Teilhaber Ramón Fonseca Mora in einem Interview des Fernsehsenders Telemetro. Die Kanzlei habe in Panama bereits Strafantrag gestellt, sagte die Chefin der Rechtsabteilung, Sara Montenegro. „Das müssen wir tun, um unsere Kunden zu verteidigen, die auf die eine oder andere Weise betroffen sind.“

+++ Der neue Fifa-Chef Gianni Infantino soll mit einer Briefkastenfirma gedealt haben. Laut "Tagesschau" soll der erst kürzlich als Blatter-Nachfolger gewählte neue Fifa-Chef Gianni Infantino in seiner vorherigen Funktion bei der Uefa einen Vertrag mit einer Briefkastenfirma abgeschlossen haben, bei der es um TV-Übertragungsrechte in Equador geht. Die Rechte sollen für 11.000 Dollar verkauft und für 200.000 Dollar weiterverkauft worden sein, hieß es. Diese Enthüllung ist ein schwerer Schlag für die Fifa, die gehofft hatte, mit der Wahl ihres neuen Chefs in ruhigeres Fahrwasser zu geraten.

Islands Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson zieht nach den Enthüllungen durch die "Panama Papers" Konsequenzen.
Islands Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson zieht nach den Enthüllungen durch die "Panama Papers" Konsequenzen.

© dpa

+++ Islands Regierungschef Gunnlaugsson zurückgetreten. Die Enthüllung Hunderttausender Briefkastenfirmen in Panama hat ein erstes prominentes politisches Opfer gefordert. Islands Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson zog nach zweitägigen Protesten der isländischen Bevölkerung am Dienstag die politischen Konsequenzen und trat zurück. Der Vize-Parteichef von Gunnlaugssons Fortschrittspartei, Sigurdur Ingi Johannsson, kündigte an, Gunnlaugsson zunächst im Amt nachfolgen zu wollen. Zuvor hatte dieser die Auflösung des Parlaments beantragt. Damit dürfte das Land vor Neuwahlen stehen. Die am Wochenende von einem internationalen Journalistenkonsortium veröffentlichten Daten einer Anwaltskanzlei in Panama belegen, dass Gunnlaugssons Frau eine Briefkastenfirma betrieb, die Anteile an den 2008 zusammengebrochenen Banken des Landes hielt. Gunnlaugsson soll seine Anteile 2009 an seine Frau für einen Dollar verkauft haben. Er handelte Abkommen mit den Gläubigern aus.

+++ So (be-)steuert man in der Formel 1: In den brisanten Steuer-Unterlagen tauchen auch Mercedes und Nico Rosberg auf. Keine Überraschung: In der Formel 1 gelten eigene Regeln, auch in finanziellen Fragen. Einen ausführlichen Artikel zu den Steuerpraktiken der Formel 1 lesen Sie hier.

+++ Ifo-Institut verteidigt Offshore-Firmen: Der neue Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat vor falschen Konsequenzen aus der Affäre um Briefkastenfirmen in Panama gewarnt. "Offshore-Firmen generell zu verbieten, halte ich für kontraproduktiv", sagte er dem "Handelsblatt". Es gebe "gute wirtschaftliche Gründe, solche Firmen zu nutzen, zum Beispiel die Vermeidung von Doppelbesteuerung". Staatliche Banken, beispielsweise die Europäische Investitionsbank (EIB), nutzten Offshore-Firmen im Rahmen ihrer Investitionsprojekte. "Die wollen keine Steuern hinterziehen."
+++ Islands Regierungschef will Neuwahlen ausrufen: Islands Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson habe die Auflösung des Parlaments beantragt, sagte Präsident Olafur Ragnar Grimsson am Dienstag. Gunnlaugsson hatte den Schritt angekündigt für den Fall, dass er die Rückendeckung seines Koalitionspartners Fortschrittspartei verlieren sollte. Grimsson sagte, vor seiner Entscheidung über Neuwahlen wolle er Gespräche mit den großen Parteien führen.

Die am Wochenende von einem internationalen Journalistenkonsortium veröffentlichten Daten einer Anwaltskanzlei in Panama belegen nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung", dass Gunnlaugssons Frau eine Briefkastenfirma betrieb, die Anteile an den 2008 zusammengebrochenen Banken des Landes hielt. Gunnlaugsson sei bis 2009 an der Firma beteiligt gewesen. Am Montagabend hatten Tausende vor dem Parlament Gunnlaugssons Rücktritt gefordert. Für Dienstag war eine erneute Demonstration angekündigt. Die Opposition strebt ein Misstrauensvotum an. Gunnlaugsson lehnt einen Rücktritt ab. Er hatte betont, seine Frau habe stets korrekt Steuern bezahlt.
+++ Linke kritisieren Maas-Vorschlag: Linken-Chef Bernd Riexinger sprach sich dafür aus, Banken ihre Lizenz zu entziehen, wenn sie Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben. Die Pläne von Maas für ein Transparenzregister seien "nicht ausreichend".

+++ Europäische Volkspartei fordert Auskünfte von Panama und der Anwaltskanzlei Mossack im EU-Parlament: „Die EVP-Fraktion verlangt, dass Mossack Fonseca und die Regierung von Panama uns im Sonderausschuss des Europaparlaments Rede und Antwort stehen“, erklärte der CDU-Europaabgeordnete Burkhard Balz. Zur Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) gehören auch CDU und CSU.

+++ Kommentar: Zweifelhafte Recherche? Von wegen! Kein strafbares Verhalten, alles schon gewusst, nur mediale Inszenierung. Die Kritik an den "Panama Papers" wird lauter. Aber sie zielt am Kern vorbei, kommentiert Christian Tretbar.

Paradies? Offshore-Firmen sind in Panama ein wichtiger Wirtschaftszweig.
Paradies? Offshore-Firmen sind in Panama ein wichtiger Wirtschaftszweig.

© Carlos Jasso/REUTERS

+++ Die Bundesregierung will ein nationales Transparenzregister für Unternehmen aufbauen: "Nur mit mehr Transparenz werden wir der systematischen Verschleierung etwas entgegensetzen können", sagte Justizminister Heiko Maas am Dienstag. Briefkastenfirmen, bei denen die wirtschaftlich Berechtigten anonym blieben, dürfe es nicht mehr geben. Wer international mehr Transparenz fordere, müsse allerdings zuerst entsprechende Regeln im eigenen Land schaffen. "Wir können das zunächst einmal nur für Deutschland regeln, für geschäftliche Konstruktionen, die es in Deutschland gibt", sagte er.

+++ Deutsche Finanzaufsicht wird offenbar tätig: Die Finanzaufsichtsbehörde Bafin will die Geschäfte von Banken mit solchen Offshore-Gesellschaften prüfen, hieß es am Dienstag in Frankfurter Finanzkreisen. Bei einigen Instituten hätten die Aufseher schon Nachfragen gestellt. Eine Behördensprecherin hielt sich zu dem Thema aber bedeckt.

+++ Schelte von der OECD: Die Industrieländer-Organisation OECD hat Panama schwere Versäumnisse vorgeworfen. „Panama ist der letzte große Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden“, kritisierte der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Angel Gurría, am Dienstag in Berlin. Das Land habe sich nicht an Zusagen gehalten, internationale Standards für Steuer-Transparenz einzuhalten.

+++ Sachsen-Anhalt soll Flüchtlingsunterkunft über Briefkastenfirma in Panama angemietet haben: Der dem Finanzministerium angeschlossene Landesbetrieb Bau- und Liegenschaftsmanagement hatte laut „Mitteldeutsche Zeitung“ im Oktober einen früheren Supermarkt in Genthin als Notunterkunft angemietet, die aber wegen baulicher Mängel bislang leer stehe. Das Land zahlt für die Immobilie in Genthin (Landkreis Jerichower Land) 24.500 Euro monatlich über drei Jahre.

Als Vermieter trete eine Firma Bendix Capital aus Panama auf. Bei Nachfragen hätten deren Vertreter auf eine Firma Petromax, ebenfalls aus Panama, verwiesen, die mit steuerfreien Einnahmen aus dem Flüchtlingsheimgeschäft werbe. Im Grundbuch stehe eine weitere panamaische Firma. Alle drei Unternehmen würden in Räumen einer auf Offshore-Firmengründungen spezialisierten Anwaltskanzlei in Panama City residieren.

+++ Hofreiter fordert "law and oder" von Schäuble: Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte Schäuble auf, von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)  in Deutschland verdächtige Banken überprüfen zu lassen. „Statt stillem Verständnis brauchen wir endlich law and order gegenüber den Finanztricksereien auch deutscher Banken“, sagte Hofreiter dem Tagesspiegel.  „Wer ehrliche Geschäfte macht, braucht keine Briefkastenfirmen.“

Schäuble habe jahrelang zugesehen, in Brüssel auf die Bremse gedrückt und so den Herren in den Bankentürmen keinen Ärger bereitet. „Die Bundesregierung muss endlich ihre Bremserrolle aufgeben und in Brüssel die Initiative für einen Masterplan gegen Geldwäsche und für mehr Transparenz bei Finanzgeschäften ergreifen“, forderte Hofreiter.

+++ Front National in Frankreich belastet: Die Enthüllungen treffen nun auch die französische rechtsextreme Partei Front National (FN). Die französische Tageszeitung "Le Monde" berichtete am Dienstag, Vertraute von Parteichefin Marine Le Pen hätten ein "ausgeklügeltes Offshore-System" entwickelt, um über Tarnfirmen und falsche Rechnungen Geld aus Frankreich zu schaffen. Ziel sei es gewesen, den "französischen Anti-Geldwäsche-Behörden zu entgehen", schreibt die Tageszeitung.

+++ Giegold fordert Maßnahmenkatalog von Schäuble: Der Grüne Sven Giegold sieht in Deutschland große Versäumnisse beim Thema Geldwäsche. "Wir haben keine Finanzpolizei" sagte Giegold im ARD-"Morgenmagazin". Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) müsse einen Maßnahmenkatalog vorlegen. "Wir haben da unsere eigenen Hausaufgaben zu machen", sagte Giegold.

+++ Kanzlei veröffentlicht vielseitige Rechtfertigung: Einen Tag hat die Kanzlei Mossack Fonseca abgewartet, jetzt sind die Finazanwälte aus Panama zum Gegenangriff übergegangen: Am Montagabend (Ortszeit) stellte das Unternehmen ein komplettes Informationsportal ins Internet und äußerte sich dort erstmals offiziell und umfassend zu den Vorwürfen über undurchsichtige Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen.

In koordinierten Berichten von Medien aus rund 80 Ländern wird zahlreichen Politikern, Sportlern und Prominenten seit Sonntag vorgeworfen, ihr Geld mithilfe der Kanzlei in Offshorefirmen geparkt zu haben. Auch mehrere Tausend Deutsche sollen laut der Briefkastenfirmen der Kanzlei in Panama genutzt haben.

„Diese Berichte stützen sich auf Vermutungen und Stereotypen“, teilte die Anwaltsfirma in einer vierseitigen Stellungnahme mit. Mossack Fonseca sei noch nie im Zusammenhang mit kriminellen Handlungen beschuldigt oder angeklagt worden und werde in ein falsches Licht gerückt. Der Öffentlichkeit fehle das Fachwissen, um „die Arbeit von Firmen wie uns“ richtig einordnen zu können.

Die Kanzlei halte sich an internationale Standards, um weitestmöglich sicherzustellen, dass von ihr gegründete Gesellschaften nicht zur Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Terrorfinanzierung oder für andere kriminelle Zwecke genutzt würden. „Wir bieten auch keine Lösungen an, die den Zweck haben, ungesetzliche Handlungen wie Steuerhinterziehung zu verbergen“, heißt es in der Stellungnahme. Die unter dem Schlagwort „Panama Papers“ ausgewerteten Dokumente würden zeigen, dass Mossack Fonseca „kompromittierten Personen“ oder solchen, die benötigte Informationen zurückhielten, seine Dienste verweigere.

Bundesjustizminister Heiko Maas will eine Ende der systematischen Verschleierung.
Bundesjustizminister Heiko Maas will eine Ende der systematischen Verschleierung.

© Michael Kappeler/dpa

+++ Chinas Zensur blockiert "Panama Papers": Chinas Zensur hat die „Panama Papers“ mit Enthüllungen über Briefkastenfirmen auch von Verwandten hoher chinesischer Amtsträger im Internet geblockt. Nach Informationen der „China Digital Times“ in Hongkong vom Dienstag wies die Zensur die Staatsmedien an, Berichte über die Offshorefirmen in Steueroasen zu suchen und diese zu löschen. Es wurde mit ernsten Konsequenzen gedroht, sollten dennoch Informationen auf Webseiten gefunden werden. In sozialen Medien wurde die Suche nach „Panama Papers“ oder den Namen der Genannten verhindert.

Blick auf das Finanzzentrum von Panama-Stadt
Blick auf das Finanzzentrum von Panama-Stadt

© AFP/Rodrigo Arangua

+++ Steuergewerkschaft sieht "nur Spitze des Eisbergs": Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, rechnet mit weiteren Enthüllungen in Folge der „Panama Papers“. Neu sei, „dass es in einem kleinen Land wie Panama eine solche Zahl von Briefkastenfirmen gegeben hat“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Daraus schließe er, dass es sich weltweit um ein Problem von erheblicher Dimension handelt, zumal es neben Panama auch andere Steueroasen gebe. „Überall dort finden solche oder vergleichbare Dinge statt. Wir sehen bisher nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Eigenthaler.

+++ BKA sieht Deutschland im Mittelfeld bei Kampf gegen Geldwäsche: Nach der Veröffentlichung der „Panama Papers“ hat das Bundeskriminalamt (BKA) auf Nachholbedarf Deutschlands bei der Bekämpfung der Geldwäsche-Kriminalität hingewiesen. Deutschland liege hierbei im internationalen Vergleich im Mittelfeld, sagte BKA-Präsident Holger Münch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Es gebe aber Initiativen, um Rechtsänderungen anzustoßen.

„Die Meldung von Geldwäsche-Verdachtsfällen ist ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Geldwäsche“, sagte Münch. „Allerdings haben wir gerade mit dem Meldeverhalten aus dem Nicht-Finanzsektor noch eine Menge Arbeit vor uns.“ Bei den Banken sei das Verhalten im Kampf gegen Geldwäsche hingegen vorbildlich. (mit Agenturen)

Lesen Sie hier die Entwicklungen vom Montag nach.

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