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Die Oppositionsparteien wollen das Schweigen der Regierung zum Panzerdeal nicht hinnehmen. Hans-Christian Ströbele droht mit einer Verfassungsklage.

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Update

Panzerdeal mit Saudi-Arabien: Oppositionsparteien wollen Regierung zum Reden bringen

Mit verschiedenen Strategien wollen Oppositionspolitiker die Regierung dazu zwingen, ihre Pläne bezüglich einer Panzerlieferung nach Saudi-Arabien offen zu legen. Grünen-Politiker Ströbele droht mit einer Verfassungsklage.

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Die Panzerlieferung an Saudi-Arabien bringt die Bundesregierung in eine unbequeme Lage. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im dapd-Interview auf, die Geheimhaltung in der Sache aufzuheben. Andernfalls erwägt er eine Verfassungsklage. Der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck, erstattete Strafanzeige gegen unbekannte Verantwortliche des Panzerherstellers, um von der Regierung Informationen zu erzwingen. Die Linke will den Deal per Bundestagsbeschluss verhindern. Am Freitag soll über einen entsprechenden Antrag abgestimmt werden. Dass eine Mehrheit erreicht wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Die Regierung schweigt zu alldem.

Wie Regierungskreise bestätigten, plant Deutschland den Verkauf von 200 Leopard-Panzern an Saudi-Arabien. Der Bundessicherheitsrat - ein Ausschuss des Kabinetts, der über Rüstungsexporte entscheidet - hat demnach grünes Licht für die Lieferung gegeben. Der Panzerverkauf stößt in der Opposition auf großen Widerstand.

Saudi-Arabien hatte sein Nachbarland Bahrain dabei unterstützt, Proteste gegen die dortige Regierung niederzuschlagen. Die Bundesregierung schweigt allerdings beharrlich zu dem Geschäft mit dem Golfstaat und verweist auf die Geheimhaltung aller Beschlüsse des Bundessicherheitsrats.

„Merkel muss Geheimhaltung aufheben“

Die Grünen wollen das nicht gelten lassen. Ströbele forderte die Regierung auf, die Geheimhaltung aufzuheben. „Das können sie, das dürfen sie, und das müssen sie“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Die Regierung habe laut eigener Geschäftsordnung die Möglichkeit, Informationen aus dem geheim tagenden Rat offenzulegen. Merkel könne das verfügen, „weil sie Herrin des Geheimnisses ist“. „Ich will Einzelheiten des Geschäfts wissen“, sagte Ströbele.

Offenzulegen sei auch, welchen Wert die Panzer in Deutschland hätten und was Saudi-Arabien dafür zahle. Damit will Ströbele ausschließen, dass bei dem Deal Schmiergeld geflossen ist. Liefert Schwarz-Gelb keine Aufklärung, erwägt der Jurist eine Verfassungsklage.

Nach Angaben des Berliner Verfassungsrechtlers Ulrich Battis könnte die Regierung dem Appell durchaus folgen, wenn sie wollte. Merkel habe die Möglichkeit, die Geheimhaltung aufzuheben, sofern dadurch keine Interessen Deutschlands verletzt würden, sagte Battis der Nachrichtenagentur dapd. Es sei aber „nicht aussichtsreich, sich in den Bundessicherheitsrat zu verbeißen“. Die Runde sei ein internes Gremium der Bundesregierung und eine Offenlegung der Beschlüsse nur schwer zu erreichen. Folgen müsse allerdings ein Beschluss im Gesamtkabinett. An dieser Stelle ließe sich ansetzen.

Druck auf den Geschäftspartner

Volker Beck geht einen Umweg, um an Informationen zu gelangen - mit der Strafanzeige gegen unbekannte Verantwortliche beim Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann. „Es wäre eine strafbare Handlung, einen Vertrag für Rüstungsexporte abzuschließen, wenn dazu keine Genehmigung der Bundesregierung vorliegt“, sagte Beck dem Tagesspiegel. Die Grünen wollen die Regierung auf diese Weise zwingen, Auskunft über die offenbar geplante Lieferung zu geben. Die Regierung verweigert dies mit Hinweis auf die Geheimhaltungspflicht des Bundessicherheitsrates. Der Grünen-Politiker sagte, er habe sogar Verständnis dafür, dass eine Ablehnung von Rüstungsexport-Anfragen durch den Bundessicherheitsrat nicht öffentlich gemacht werde. Im Falle positiver Bescheide müsse die Bundesregierung aber „dazu stehen und dies öffentlich erklären“. Wegen der Informationssperre der Regierung ist weiter unklar, ob bislang eine Voranfrage oder ein Exportantrag genehmigt wurde.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wandte sich gegen eine Lieferung von Kampfpanzern nach Saudi-Arabien. Angesichts der Menschenrechtslage sei ein solches Geschäft „das absolut falsche Signal“, sagte Sprecher Mathias John dem Tagesspiegel.

Volker Perthes, Chef der Stiftung Wissenschaft und Politik, widersprach Behauptungen aus deutschen Regierungskreisen, wonach Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien das Land gegen den Iran stärkten. Dies sei abwegig. „Wenn sich Saudi-Arabien auf eine Auseinandersetzung mit dem Iran vorbereiten würde, dann sicherlich nicht mit Panzern“, meinte er. In einem bewaffneten Konflikt wären Flugzeuge und Raketen viel entscheidender.

Die Linke vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Panzergeschäft und Parteispenden von Rüstungskonzernen. Zwei Herstellerfirmen des Leopard-Panzers - Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall - hätten von 2002 bis 2009 mehr als 600.000 Euro an Union, FDP und SPD gespendet, erklärte die Linke. Sie berief sich auf die Rechenschaftsberichte der Parteien. „Es erhärtet sich der böse Verdacht, dass hier die Rüstungsriesen Parteien gekauft haben, um tödliche Deals zu schmieren“, sagte der Parteivorsitzende Klaus Ernst der Nachrichtenagentur dapd. „Der Saudi-Deal muss gestoppt werden.“ Die Linksfraktion will das Geschäft mit einem Bundestagsbeschluss verhindern und versuchen, dazu noch am Freitag - unmittelbar vor der Sommerpause - einen Antrag ins Parlament einzubringen.

Die Bundesregierung nahm zu den Vorwürfen und Appellen aus der Opposition zunächst keine Stellung. Auch rechtliche Fragen zum Bundessicherheitsrat ließ die Regierung unbeantwortet. (mit dapd)

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