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Papst Benedikt XVI.: Ora et labora

No sports: Benedikt XVI. erholt sich in Südtirol und arbeitet an seiner Sozialenzyklika.

Rom - Im seinem vierten Sommerurlaub als Papst ist Joseph Ratzinger endlich bei sich selbst angekommen. Vorbei die Zeit, in der er sich gedrängt fühlte, seinen Vorgänger nachzuahmen, wie Karol Wojtyla durch die Berge zu wandern und sich medienwirksam vor malerischer Gipfelkulisse ablichten zu lassen.

Benedikt XVI. vermeidet diesmal auch die kleinen Chalets, die sich Johannes Paul II. ausgesucht hat; er urlaubt vielmehr dort, wo er als „privater“ Theologe und Kardinal selbst schon mindestens zehnmal war: in Südtirol, im Priesterseminar von Brixen. Bereits in den vergangenen Wochen hatte Benedikt in gehäufter, auffälliger Weise neue Wege beschritten. Die Messgewänder und die Bischofsmitren, die er nun anzieht, entstammen nicht mehr moderner Schneiderei: Benedikt liebt ein „hochpäpstliches“ Erscheinungsbild, wie man es aus den Schwarzweißaufnahmen von Pius XII. (1939–58) kennt; unlängst hat er ausdrücklich sogar ein Messgewand des Medici-Papstes Leo X. (1513–21) angelegt – jenes Oberhirten also, der den rebellischen Augustinermönch Martin Luther exkommunizierte.

In Brixen nun trifft Benedikt XVI. auf einen Barock, wie er ihn aus seinen bayerischen Kindertagen kennt und liebt. Dazu kommt natürlich eine typisch deutsche Südtirolsentimentalität. In Brixen, wie er es früher schon häufig gesagt hat, fühlt Ratzinger sich zu Hause.

Wobei: Viel sehen wird er von der Stadt nicht. Erstens, weil ein Papst auch zu „Hause“ nicht mehr so einfach durch Straßen und Lauben wandeln und im Café direkt neben dem Priesterseminar mal schnell was Süßes essen kann. Zweitens, weil sie das barocke Priesterseminar zur Abwehr von Paparazzi mit einem drei Meter hohen Sichtschutzgewebe umzäunt haben.

Aber Ratzinger – no sports! – bleibt ohnehin lieber in der guten Stube. Da warten seine Bücher. Da warten eine Sozialenzyklika und der zweite Band des Jesus-Buchs auf Fertigstellung. Da warten die schwarze Katze Milly und das Klavier, das sich Benedikt eigens für sich und seinen Bruder Georg ins 60-Quadratmeter-Apartment hat schieben lassen.

Da wartet sonst aber niemand; da gibt’s keine bemühten Bergführer, keine Audienzen, und die Papsttouristen werden Benedikt nur an den kommenden zwei Sonntagen jeweils für ein kurzes Mittagsgebet zu sehen bekommen. Drumherum hat der Papst seine Ruhe. Genau das wollte er auch. Paul Kreiner

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