Parlament enthebt Lugo des Amtes: Lateinamerikanische Staatschefs besorgt über Lage in Paraguay
Etliche Nachbarn nennen Lugos Amtsenthebung einen Staatsstreich. Der neue Präsident Franco verteidigt die Anwendung eines „legalen Verfassungswerkzeugs“.
Der linksgerichtete paraguayische Präsident Fernando Lugo ist vom Parlament im Schnellverfahren des Amtes enthoben worden. Der frühere Bischof und Befreiungstheologe, der vor vier Jahren als Streiter für die Armen das Amt antrat, akzeptierte am Freitag die Entscheidung und entschärfte mit einer Fernsehansprache eine drohende Konfrontation zwischen Tausenden seiner Anhänger und der Bereitschaftspolizei in der Hauptstadt Asunción. Lateinamerikanische Staatschefs kritisierten Lugos Absetzung, einige sprachen von einem Staatsstreich.
Der bisherige Vizepräsident Federico Franco wurde als neuer Staatschef vereidigt. Der 49-jährige Politiker der Authentischen Radikalen Liberalen Partei präsentierte triumphierend seine Präsidentenschärpe und erklärte: „Zu diesem Zeitpunkt wollten Gott und das Schicksal, dass ich die Präsidentschaft übernehme.“ Lugo erklärte, er nehme das Votum an, obwohl er seine Absetzung als Schlag gegen die Demokratie erachte. „Ich sage als Präsident auf Wiedersehen“, sagte er im Fernsehen. Der Amtsantritt des ehemaligen katholischen Bischofs vor vier Jahren war ein historischer Machtwechsel gewesen, der eine 60 Jahre währende Herrschaft der Colorado-Partei beendete. Seine linksgerichtete Politik stieß jedoch zunehmend auf Widerstand in der eigenen Koalition.
Im Senat stimmten 39 Parlamentarier für die Ablösung des Präsidenten, vier stellten sich hinter ihn, zwei waren abwesend. Das Amtsenthebungsverfahren bezog sich auf Fehlverhalten in fünf Fällen.
Lugo wurde zuletzt für blutige Auseinandersetzung mit landlosen Bauern im Norden Paraguays politisch mitverantwortlich gemacht, bei denen 17 Menschen ums Leben kamen.
Weitere Punkte waren Vorwürfe, Lugo habe die illegale Besetzung einer brasilianischen Sojafarm erlaubt und unerlaubterweise ein politisches Treffen linker Parteien auf einem Militärstützpunkt zugelassen. Zu Last gelegt wurden dem Präsidenten außerdem mangelnde Erfolge bei der Festnahme von Aufständischen und die Unterzeichnung eines internationalen Protokolls ohne entsprechende Zustimmung des Kongresses.
Fernandez will „Staatsstreich nicht für gültig erklären“
In Lateinamerika löste die Amtsenthebung nicht nur bei linksgerichteten Regierungen Kritik aus. Die Regierung der argentinischen Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner erklärte, sie werde „nicht den Staatsstreich für gültig erklären, der gerade passiert ist“. Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos äußerte sich besorgt: „Diese rechtlichen Verfahren sollten nicht missbraucht werden“, sagte er. „Was wir wollen, ist zu helfen, dass Stabilität und Demokratie in Paraguay erhalten bleiben.“ Der venezolanische Präsident Hugo Chavez erklärte, er werde „die rechts- und gesetzwidrige Regierung“ nicht anerkennen. Der ecuadorianische Präsident Rafael Correa sagte: „Das geht über Fernando Lugo und Paraguay hinaus. Es geht um wahre Demokratie für unser ganzes Amerika.“
Lugo vertrat als „Bischof der Armen“ von 1994 an die linksgerichtete Theologie der Befreiung und geriet damit in Konflikt mit dem Vatikan. Im Dezember 2006 legte er sein geistliches Amt nieder, weil er sonst nach der Verfassung des Landes nicht für ein politisches Amt hätte kandidieren können. (dapd)