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Politik: Parlament will bei der Ethik mehr mitreden

Gegenwind für Schavans Plan zum neuen Ethikrat

Berlin - Vor der Bundestagswahl hielt die Union noch wenig vom „Nationalen Ethikrat“. Jetzt, in der Regierung, will sie die als „Abnickgremium“ geschmähte Beraterrunde doch behalten – in demokratisch aufgehübschter Form: Die 24 Mitglieder des Gremiums soll nicht mehr allein die Regierung, sondern zur Hälfte der Bundestag vorschlagen. Abgeordnete aber bleiben aus dem in „Deutschen Ethikrat“ umgetauften Gremium ausgeschlossen. Der Rat hatte in der Vergangenheit Stellungnahmen zu umstrittenen Themen wie Stammzellforschung, Embryonenschutzgesetz oder Patientenverfügung gegeben. Jedoch trifft er keine Beschlüsse, er ist ein rein beratendes Gremium.

Der Gesetzentwurf von Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) hat den Segen von Unionsfraktion und Kabinett. Doch im Bundestag, der sich am Donnerstag erstmals damit befasst, gibt es Widerstand. Grüne und Linkspartei sehen in den Plänen eine „Zumutung“ fürs Parlament. Der Gesetzgeber dürfe nicht auf Empfehlungen angewiesen sein, die ein „Expertengremium hinter verschlossenen Türen erarbeitet“, sagt der Gentechnikexperte der Grünen, Reinhard Loske.

In der SPD-Fraktion gebe es den „sehr starken Wunsch, die parlamentarische Verzahnung zu stärken“, sagt Fraktionsvize Nicolette Kressl. Man müsse verhandeln, ob der Bundestag nicht alle Ratsmitglieder berufen könnten. Zudem sei ein angegliederter parlamentarischer Beirat denkbar, vergleichbar dem Nachhaltigkeitsbeirat. „Aktives Mitdebattieren“ sei auch über einen Beirat nicht möglich, sagt Wolfgang Wodarg (SPD). „Der Streit über ethische Themen in Deutschland muss weitergehen, und das Parlament muss involviert sein.“ Rene Röspel, Ex- Vorsitzender der aufgelösten Bioethik-Enquetekommission im Bundestag, stellt klar: „Wenn es keine Kompromissangebote gibt, sehe ich eine Unterstützung des Gesetzentwurfs als nicht gegeben.“ Dem Antrag von Grünen und Linken will man sich aber nicht anschließen, die ein Ethikkomitee des Bundestages fordern.

Die Union sehe keinen Änderungsbedarf, sagt Fraktionsvize Katherina Reiche (CDU) – und appelliert an die SPD, dem Entwurf zuzustimmen. Der CDU-Politiker Hubert Hüppe dagegen sagt, er habe nie ein Hehl daraus gemacht, „dass ich eine stärkere Anbindung des Ethikrats an den Bundestag gut fände“. Auch sei noch nicht geklärt, nach welchen Kriterien die Ethikratsmitglieder ausgesucht würden. Er sympathisiere damit, dass sie der Bundestag komplett bestimmt – und dass es weiter ein Parallelgremium des Parlaments wie die Enquetekommission gibt.

Die Vorsitzende des Nationalen Ethikrats, Kristiane Weber-Hassemer, begrüßt es, dass der Ethikrat auf ein „solides gesetzliches Fundament“ gestellt werde. Jedoch sei dies „für die Frage der Unabhängigkeit nicht von entscheidender Bedeutung“. Wichtiger sei, dass Experten nicht nach strategischen Gesichtspunkten, sondern nach inhaltlichen Kriterien benannt werden. Sie vertraue darauf, dass Bundestag und Regierung gemeinsam – wie im Gesetzentwurf vorgesehen – eine sinnvolle Besetzung des Gremiums finden könnten.

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