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Parlamente: Grass will "Hausverbot für Lobbyisten"

Günther Grass forderte bei einer SPD-Klausur, "mit einem großen Besen" alle Interessenvertreter aus den Parlamenten zu fegen. Abgeordnete sollten mutigere Entscheidungen treffen.

Der 80-jährige Literatur-Nobelpreisträger sprach bei seinem Gastvortrag vor der SPD-Bundestagsfraktion von einem generellen "Hausverbot für Lobbyisten" im Bundestag. Seinen Ruf nach einem "großen Kehraus" verband der streitbare Schriftsteller mit der Aufforderung an die Abgeordneten zu mutigen Entscheidungen. "Ihr seid die gewählten Parlamentarier", sagte er nach Teilnehmerangaben. Lernen könnten die Abgeordneten auch heute noch von der "leidenschaftlichen Rhetorik Herbert Wehners". Sie sollten den Bürgern bei Problemen "offen Ross und Reiter" nennen und dabei den demokratischen Streit um die beste Lösung nicht scheuen.

Dabei mangele es damals wie heute leider nicht "an Demagogen - mögen sie Koch oder Lafontaine heißen", sagte Grass in seiner mehrfach von großem Beifall unterbrochenen Rede weiter. Der eine gebe vor, die schweigende Mehrheit zu vertreten, der andere werfe öffentlich mit Dreck, um sich an seiner früheren Partei zu rächen. "Solch scheinheilige Allianz ist mir all zu gut bekannt. Zwischen diesen Positionen bin ich alt geworden - und notwendigerweise streitbar geblieben."

Mehrfach hatte sich der Schriftsteller und Maler in früheren Jahren in Wahlkämpfen für die SPD engagiert und vor allem für die Ostpolitik des damaligen SPD-Kanzlers Willy Brandt "getrommelt". Dabei hatte Grass stets auch kritische Positionen gegenüber der SPD bezogen. Zuletzt hatte der Schriftsteller im März 1974 an einer SPD-Fraktionssitzung teilgenommen.

Grass: Linke begeht "Diebstahl"

Grass mahnte die SPD, auch weiterhin zu ihrer Vision eines "demokratischen Sozialismus" zu stehen. Wie die frühere PDS und die heutige Partei Die Linke mit diesem Begriff umgehe, sei "Diebstahl". Zugleich gab Grass den SPD-Parlamentariern mit auf den Weg, nicht nur immer über ihre neuen Vorhaben zu diskutieren. Manchmal müsse man auch mit Besonnenheit zurückschauen und die eigenen Leistungen nicht vergessen.

In die SPD will der Schriftsteller nicht wieder eintreten, obwohl er sich ihr nach eigenem Bekenntnis immer noch verbunden fühlt. Der Schriftsteller hatte Anfang der 90er Jahre die Partei aus Protest verlassen, nachdem die SPD mit der Union einen Kompromiss über die Verschärfung des Asylrechts eingegangen war.

SPD-Chef Kurt Beck versicherte Grass, dass die SPD ihre historischen Wurzeln nicht vergessen habe. "Wir lassen uns den Begriff demokratischer Sozialismus nicht desavouieren - auch nicht von der CSU." Dabei spielte Beck auf Überlegungen in der CSU an, in kommenden Wahlkämpfen das Unions-Motto aus den 70er Jahren "Freiheit statt Sozialismus" wiederzubeleben.

Karl-Heinz Reith[dpa]

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