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Bhutto

© AFP

Parlamentswahl: Damenwahl in Pakistan?

Um die Macht in Staat und Armee zu behalten, könnte Militärmachthaber Pervez Musharraf seine Frau ins Rennen schicken. Auch Benazir Bhutto könnte noch einmal einen Coup landen.

Sie lächelt gerne und gewinnend, aber sonst ist über Sehba Musharraf wenig bekannt. Das könnte sich möglicherweise ändern: Die Ehefrau von Pakistans angeschlagenem Staats- und Armeechef Pervez Musharraf soll angeblich notfalls für ihren Mann einspringen und als seine Strohfrau für das Präsidentenamt kandidieren. Über diesen jüngsten „Notfallplan“ berichteten nun Pakistans Medien. Doch noch setzt Musharraf darauf, sich selbst vom Parlament als Präsident wiederwählen zu lassen, voraussichtlich in der ersten Oktoberwoche. Über Gefolgsleute ließ er in Islamabad streuen, dass er dann bis spätestens 15. November seinen Posten als Militärchef aufgeben werde.

Der Zeitpunkt für die Ankündigungen ist nicht zufällig gewählt: An diesem Montag beginnt vor dem Obersten Gericht eine Anhörung, die über das nächste Kapitel in Pakistans Politkrimi mitentscheiden kann. Dabei geht es um die Frage, ob Musharraf als Militärchef überhaupt für das Präsidentenamt kandidieren darf. Sollten ihm die Richter schon die Kandidatur verbieten, blieben ihm fragwürdige Optionen: Er kann das Urteil ignorieren, den Notstand verhängen – oder seine Frau an seiner Stelle ins Rennen schicken.

Offenbar um die Richter milde zu stimmen, ließ der General am Samstag über seine Unterstützerpartei PML-Q verbreiten, dass er nach seiner Wiederwahl als Präsident von seinem Armeeposten zurücktrete – und zwar bevor er am 15. November wieder als Präsident vereidigt werde. Ob Musharraf sich daran hält, steht auf einem anderen Blatt. Pakistans Verfassung verbietet zwar, dass Musharraf Armee- und Staatschef in Personalunion ist. Er zögert aber, die Uniform abzulegen, weil er damit die Kontrolle über Pakistans größten Machtfaktor, das Militär, verliert. „Ohne Uniform ist Musharraf politisch tot“, glauben Diplomaten. Nicht von ungefähr ließ Musharraf zugleich streuen, dass er bereits seinen Notfallplan parat hat, sollten die Richter ihn tatsächlich von der Präsidentenwahl bannen. Zwar dürfte es Musharraf kaum erstrebenswert scheinen, bei Staatsbesuchen „den Mann an ihrer Seite“ zu spielen. Doch die Idee hätte für ihn den Charme, dass er Militärchef bleiben könnte.

Würde Sehba Musharraf ins Feld geschickt, könnten neben dem General unversehens drei Frauen die Hauptrollen in Pakistans Machtdrama übernehmen. Nicht nur die frühere Regierungschefin Benazir Bhutto will am 18. Oktober aus dem Exil zurückkehren, um bei den für Jahreswechsel geplanten Parlamentswahlen mitzumischen. Auch die Ehefrau des abgeschobenen Ex-Premiers Nawaz Sharif hält sich bereit, an seiner Stelle in den Ring zu steigen und seine Anhänger gegen den Militärherrscher anzuführen.

Die beiden Männer gelten als Erzfeinde, seit Musharraf 1999 Sharif gestürzt hatte. Vergangene Woche hatte Musharraf den Ex-Premier nach nur vier Stunden wieder aus Pakistan in dessen Exilheimat Saudi-Arabien abschieben lassen. Saudi-Arabien stellte ihn angeblich unter Hausarrest. Die USA nannten das eine „interne Angelegenheit“ Pakistans. Dies lässt vermuten, dass Sharif alles andere als ihr Wunschkandidat ist – und sie seine Abschiebung stillschweigend billigten.

Washington favorisiert eine Allianz zwischen Musharraf und Bhutto und ihrer Partei PPP. Fraglich ist aber, ob ein solcher Machtpakt zustande kommt. Sowohl Bhutto als auch Musharraf sehen sich Gegenwind aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Durch die Gespräche mit dem Militärdiktator hat sich Bhutto viele Sympathien verscherzt, Teile ihrer Partei meutern gegen einen solchen Deal. Umgekehrt legt sich auch Musharrafs Unterstützerpartei quer: Viele Funktionäre der Pakistanische Muslim-Liga (Q), eine Abspaltung von Sharifs Muslim-Liga (N), lehnen Bhutto vehement ab – und liebäugeln mit Musharrafs Widersacher Sharif.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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