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Nach der Wahl ist vor der Wahl. Der rechtsextreme Front National will sich bei der Parlamentswahl neu aufstellen.

© imago/IP3press

Parlamentswahl in Frankreich: Neue Wahl, alte Fronten

Extreme von Rechts und Links gegen die Mitte-Bewegung des künftigen Präsidenten Emmanuel Macron: So lautet die Schlachtordnung für die bevorstehende Parlamentswahl in Frankreich.

Frankreichs künftiger Präsident Emmanuel Macron will in dieser Woche das Rätsel lüften, wer die Kandidaten sind, die für seine Bewegung, die sich fortan "La République en Marche" (Die Republik in Bewegung) nennen will, bei den Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni in die Schlacht ziehen. Die vollständige Liste der Namen stand zwar am Montag noch nicht fest. Aber eines war zu diesem Zeitpunkt bereits sicher: Wer auch immer unter dem Banner von Macrons Bewegung in der Mitte der Parteienlandschaft bei den Parlamentswahlen antritt, wird erheblichen Gegenwind bekommen – und zwar sowohl von rechts als auch von links.

Marine Le Pen sieht sich als Oppositionschefin

Auf der rechten Seite des Spektrums wähnt sich Marine Le Pen, die Vorsitzende des rechtsextremen Front National (FN), bereits als künftige Oppositionsführerin. Am Montag ließ der FN-Generalsekretär Nicolas Bay durchblicken, dass es durchaus denkbar wäre, wenn Marine Le Pen nach der Parlamentswahl den Posten der Fraktionschefin in der Nationalversammlung übernimmt. Derzeit ist der FN lediglich mit zwei Abgeordneten in der Nationalversammlung vertreten. Intern hat die Partei das Ziel ausgegeben, bei der kommenden Parlamentswahl mindestens 40 der 577 Abgeordnetenmandate zu holen. Damit hätte der FN in jedem Fall mehr Abgeordnete als die für den Fraktionsstatus nötigen 15 Mandate.

10,6 Millionen Franzosen stimmten für den FN - so viel wie noch nie

Bis zur Präsidentschaftswahl galt der FN für andere Parteien als Paria, mit dem eine Zusammenarbeit mehr oder weniger ausgeschlossen ist. Doch dieses Tabu ist gefallen, seit Le Pen vor der zweiten Runde der Entscheidung um den Elysée-Palast ein Bündnis mit der Partei „Debout la France“ („Steh auf, Frankreich“) des Rechts-Nationalisten Nicolas Dupont-Aignan abschloss. FN-Stammwähler sowie Unterstützer von Dupont-Aignan und des im ersten Wahlgang ausgeschiedenen Konservativen François Fillon katapultierten den Front National am Sonntag auf einen neuen Stimmenrekord: 10,6 Millionen Franzosen gaben den Rechtsextremen ihre Stimme – so viel wie noch nie.

Die rechtsextreme Partei will ihren Namen ändern

Diesen Stimmenrekord will der FN nun auch bei der anstehenden Parlamentswahl ummünzen. Damit dem Front National der von der Partei gewünschte Durchmarsch in Dutzenden Wahlkreisen gelingt, hat Le Pen bereits am Sonntagabend eine „tief gehende Umwandlung“ des FN angekündigt. Ihr Stellvertreter Florian Philippot kündigte an, dass die Partei nach vier Jahrzehnten den Namen „Front National“ ablegen werde. Das Ziel ist klar: Mit dem kosmetischen Kniff sollen noch breitere Wählerschichten erreicht werden.

Konservative Republikaner streiten noch über ihren Kurs

Deutlich mehr Stimmen als der FN dürften bei der Parlamentswahl indes die konservativen Republikaner holen. Deren Senator François Baroin, der die Partei in den Wahlkampf führen wird, sprach jüngst davon, dass die Republikaner mit 150 Abgeordneten zufrieden sein könnten. Allerdings ist derzeit noch nicht klar, wie sich die Republikaner gegenüber dem künftigen Staatschef Macron positionieren werden. Die Partei streitet noch über ihren Kurs: Während der konservative Ex-Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit „En Marche“ erklärte, warnten ihn etliche Republikaner davor, ins Lager des künftigen Staatschefs überzulaufen.

Front gegen Macron auch von Links

Auf der linken Seite des Spektrums ist es wiederum der Populist Jean-Luc Mélenchon, der künftig Front gegen Macron machen möchte. Mélenchons Bewegung „La France insoumise“ („Das unbeugsame Frankreich“) war in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl immerhin auf 19,6 Prozent der Stimmen gekommen. Mélenchon setzt darauf, bei der Parlamentswahl über die Mandatszahl von zehn Abgeordneten hinauszukommen, die derzeit für die Linksfront in der Abgeordnetenkammer sitzen. Dazu müsste er sich allerdings mit der kommunistischen Partei auf gemeinsame Kandidaten einigen. Der Kleinkrieg zwischen den beiden politischen Gruppierungen gipfelte jüngst darin, dass die Bewegung „La France insoumise“ den Kommunisten verbat, Mélenchons Konterfei auf ihren Plakaten zu verwenden.

Mehrere tausend Menschen bei Anti-Macron-Demo

Dass Frankreichs Linke trotz des Wahlsiegs von Macron noch keineswegs ihr Leben ausgehaucht hat, wurde bereits am Wahlabend deutlich, als die Gewerkschaft CGT zu Protestkundgebungen gegen Macron aufrief. Bei der CGT ist Macron ebenso wie bei den Mélenchon-Anhängern als „Ultraliberaler“ verschrien. Mehrere tausend Demonstranten folgten am Montag dem Aufruf der Gewerkschaft; sie kamen auf der Place de la République zusammen, der als symbolischer Versammlungsort der Linken gilt. Von dort machten sie sich in ihrem Protestzug auf den Weg zum Place de la Bastille.

Falls Macron wie angekündigt bereits in den ersten Wochen seiner Amtszeit per Verordnung auf der Ebene der Unternehmen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit zulassen sollte, so könnte dies nicht nur landesweite Demonstrationen heraufbeschwören. Auch den Sozialisten und Linkspopulisten könnte dies bei den Parlamentswahlen neuen Zulauf bescheren. Die Sozialisten waren bei der Präsidentschaftswahl auf gut sechs Prozent der Stimmen abgestürzt. Denkbar ist allerdings auch, das sich der Absturz der Sozialisten bei den Parlamentswahlen weiter fortsetzt. Denn auch ein Zerfalls-Szenario ist bei der Noch-Regierungspartei denkbar – für den Fall, dass führende Parteileute entweder zur Bewegung „En Marche“ oder zu Mélenchons Linkspopulisten überlaufen.

Ähnlich wie die FN-Vorsitzende Marine Le Pen würde Mélenchon im französischen Parteiengefüge, das sich gerade neu ordnet, gerne die Rolle des Oppositionschefs einnehmen. Am Sonntagabend kanzelte er schon einmal Macron als „neuen Monarchen“ ab und warf ihm vor, „die sozialen Errungenschaften des Landes“ abschaffen zu wollen.

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