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Parlamentswahl in Südafrika: Herausforderin Helen Zille: Die falsche Hautfarbe

Sie ist angriffslustig, temperamentvoll und erfolgreich: Dennoch wird Helen Zille die Parlamentswahl in Südafrika nicht gewinnen. Weil sie eine Weiße ist.

Selbst auf der Zielgeraden - am Mittwoch wird in Südafrika gewählt - wirkt Helen Zille noch immer so frisch und angriffslustig wie beim Start ihrer Wahlkampagne vor drei Monaten. Als sie am Sonntag zur Abschlusskundgebung ihrer liberalen Demokratischen Allianz (DA) auf die Bühne des Coca-Cola-Doms im Norden von Johannesburg klettert, liegt die Frisur wieder perfekt. Rock und Ohrringe sind tiefblau – und damit ganz in den Parteifarben gehalten. In den vergangenen drei Monaten ist sie fast in jeder Ecke des Landes gewesen: in den riesigen Townships um Johannesburg, auf dem Eselskarren im trockenen Buschfeld, bei den Gangs auf den Kapebenen aber auch auf Kaffeekränzchen und Cocktailpartys. Sie ist für einen gewissen Hang zur Perfektion, aber auch für ihre Ungeduld bekannt: „Da geraten deutsches Temperament und afrikanische Gemütlichkeit manchmal in Konflikt“, sagt Zille, die eine Großnichte des Berliner Milieumalers und Karikaturisten Heinrich Zille ist.

Für sie ging es vor allem darum, ihre oft geschmähte Partei als echte Alternative zum regierenden ANC zu präsentieren. Dies ist etwas einfacher geworden seit die 63-Jährige nach Kapstadt auch die Provinz Westkap als Ministerpräsidentin regiert – und diese in den vergangenen fünf Jahren mit viel Fleiß und Einsatz in ein Versuchslabor für den Rest des Landes umfunktioniert hat. Keine der anderen acht Provinzen, die alle der ANC kontrolliert, wird heute besser regiert – und keine andere hat in den mehr Jobs geschaffen.

Seit Jahren muss die langjährige Anti-Apartheidskämpferin damit leben, dass der ANC ihre liberale DA als „weiße“ Partei schmäht, weil sie angeblich nur am Wohl der Weißen interessiert sei und in Südafrika eine neue Apartheid schaffen wolle. Dabei ist die DA längst von den zwei Prozent, die sie bei den ersten freien Wahlen 1994 erhielt, zur mit Abstand größten Oppositionspartei avanciert. Diesmal wird ihr etwas mehr als 20 Prozent prophezeit. „Das Wählen nach Hautfarbe ist unser größtes Hindernis“, sagt die DA-Chefin unumwunden. „Aber es ändert sich. Und von unseren sieben Parteiführern sind fünf bereits schwarz.“

Als sie Ende Januar das Bündnis mit der prominenten Ärztin Mamphela Ramphele, einer Ikone der Anti-Apartheid-Bewegung, und deren 2013 gegründeten Partei „Agang SA“ verkündete, erregte das großes öffentliches Aufsehen im Land. Aber Ramphele überlegte es sich anders – die schwarze Bürgerrechtlerin sprang sehr zum Ärger von Zille wieder ab.

Dennoch, spätestens in zehn Jahren, vielleicht sogar schon 2019, erwartet Zille einen Regierungswechsel am Kap. Den Grund dafür sieht sie im verheerenden Zustand des ANC, den heute nur noch Vetternwirtschaft, Rassendenken und seine stolze Geschichte zusammenhalten würden. Lange werde dieser Klebstoff aber nicht mehr halten: „Der ANC wird in den nächsten zehn Jahren auseinanderbrechen“, ist sie überzeugt. Und keine Einzelperson werde dies stoppen können, weil der früheren Widerstandsbewegung ein starker Unterbau fehle.

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