zum Hauptinhalt

Parlamentswahl: Krisenmanager gesucht - Italiener wählen

Müllkrise in Neapel, verlorenes Vertrauen in die Politik- die künftige Regierung Italiens hat viel zu bewältigen. Die Wahllokale sind geöffnet, doch bislang zieht es die Wähler nicht in Scharen an die Urnen.

Zwei Monate nach dem Scheitern der Regierung von Romano Prodi hat in Italien am Sonntag die zweitägige Parlamentswahl begonnen. Der konservative Medienunternehmer Silvio Berlusconi, der schon zweimal Ministerpräsident war und dem konservativen Bündnis Volk der Freiheit (PDL) vorsteht, geht als Favorit ins Rennen. Gegen ihn tritt der Ex-Bürgermeister Roms, Walter Veltroni, mit seinem Mitte-links-Bündnis Demokratische Partei (PD) an. Veltroni liegt Umfragen zufolge rund sechs Prozent hinter Berlusconi, rund 25 Prozent der Wähler waren aber bis zum Schluss unentschieden. Erste Ergebnisse werden nach der Schließung der Wahllokale am Montag um 15 Uhr erwartet.

Veltroni war einer der ersten Italiener, die gleich am Sonntagmorgen ihre Stimme abgaben. Begleitet von seiner Frau Flavia und leger gekleidet kam er in das Wahllokal seines Stadtteils in Rom, wo er im Februar den Bürgermeisterposten abgegeben hatte, um an der Spitze der Zentrumslinken in den Wahlkampf zu ziehen. Damals war der ehemalige EU-Kommissionspräsident Prodi mit seiner bunt zusammengewürfelten Mitte-links-Koalition gescheitert, weil er seine Mehrheit im Senat verloren hatte. Ein Versuch, das Wahlrecht noch vor den fälligen vorgezogenen Neuwahlen zu reformieren, scheiterte an Berlusconis Widerstand. Der 71-Jährige gab in Mailand seine Stimme ab. Insgesamt waren rund 47 Millionen Wahlberechtigte zum Urnengang aufgerufen.

Niedrigere Wahlbeteiligung als vor zwei Jahren

Bis zum Abend (19 Uhr MESZ) gaben 63 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie das italienische Innenministerium mitteilte. Damit lag die Wahlbeteiligung niedriger als bei der vorherigen Parlamentswahl vor zwei Jahren. Damals hatte die Wahlbeteiligung zum gleichen Zeitpunkt bei 52,2 Prozent gelegen.

Die Wähler haben zwei Stimmen, eine für das Abgeordnetenhaus und eine für den Senat. Das Mindestalter für die Wahl des Abgeordnetenhauses liegt bei 18 Jahren, für den Senat bei 25 Jahren. Zum zweiten Mal wählen auch die rund drei Millionen Auslands-Italiener mit. Sie entsenden zwölf Vertreter ins Abgeordnetenhaus und sechs in den Senat.

Das Wahlrecht könnte auch für Berlusconi im Falle eines Sieges den Wahlausgang trüben, denn erneut steht hinter der Machtverteilung im Senat ein großes Fragezeichen. Während im Unterhaus die Liste mit der landesweiten Mehrheit - und sei es nur eine Stimme Vorsprung - auf jeden Fall 340 von 630 Sitzen bekommt, werden die Sitze im Senat nach regionalen Mehrheiten vergeben. Dieses System begünstigt Parteien, die auf gesamtstaatlicher Ebene relativ bedeutungslos sind. Wenn etwa die Regenbogen-Linke aus Kommunisten und Grünen, die Christdemokraten UDC oder die Rechtsextreme La Destra lokal gut abschneiden, können sie die beiden großen Bündnisse künftig im Senat blockieren.

Medien: Wahsieger übernimmt "blutleeres Land"

Angesichts dieser Ungewissheit unterstrichen die Pressekommentatoren am Sonntag die tiefe Krise des Landes. "Es ist ein Land auf der Suche nach Stabilität und einer Vision für die Zukunft, das heute wählt", schrieb das Wirtschaftsblatt "Il Sole-24 Ore". Der "Corriere della Sera" forderte Linke und Rechte auf, "zusammenzuarbeiten, um gewisse Dinge zu vollbringen, die das Land dringend braucht, um erneut zu produzieren und zu wachsen". Wer auch immer der Wahlsieger sei, er übernehme ein "blutleeres Land".

Die künftige Regierung wird sich neben der Wahlreform auch mit der Bewältigung mehrerer Skandale der jüngsten Vergangenheit befassen müssen, sei es verseuchter Mozzarella, die Müllkrise in Neapel oder das Fortsetzungsdrama des Alitalia-Verkaufs.

In einigen Regionen Italiens sind die Wähler auch zu regionalen Abstimmungen aufgerufen, darunter die Wahl des Bürgermeisters von Rom und eine Regionalwahl in Sizilien. Die Wahllokale sollten am Sonntag um 22 Uhr MESZ schließen und am Montag von 07 Uhr bis 15 Uhr MESZ wieder öffnen. (saw/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false