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Parlamentswahl: Ungarn wählt in der Krise rechts

Die Konservativen haben in Ungarn am Sonntag die Parlamentswahlen klar für sich entschieden und mehr als die Hälfte der Stimmen geholt. Zudem zog die rechtsextreme Jobbik (Die Besseren) mit 16,7 Prozent erstmals ins Parlament ein.

52,8 Prozent der Wähler stimmten für den rechts-konservativen Bund Junger Demokraten (Fidesz) von Ex-Premier Viktor Orban, teilte die Landeswahlkommission (OVB) am Sonntagabend bei einem Auszählungsstand von 98,9 Prozent der abgegebenen Stimmen mit. Die Ungarische Sozialistische Partei (MSZP), die das Land zuletzt mit einem Minderheitskabinett unter Führung des parteilosen Gordon Bajnaj regierte, kam auf nur 19,3 Prozent der Stimmen. Die rechtsextreme Jobbik (Die Besseren) zog mit 16,7 Prozent erstmals ins Parlament ein. Auch die links-ökologische Partei „Politik kann anders sein“ (LMP) schaffte mit 7,4 Prozent erstmals den Sprung in die Volksvertretung. Sie hatte den Wahlkampf in Ungarn mit roma-freundlichen Wahlplakaten geführt, die ein weißes Kind einträchtig mit einem Roma-Kind zeigten. Jobbik hatte seit Monaten eine aggressive Kampagne gegen die so genannte „Zigeuner-Kriminalität“ geführt. Knapp jeder zehnte Ungar zählt zur Roma-Minderheit.

Am Sonntag waren 8,1 Millionen Ungarn aufgerufen, zumindest eine Teil der 386 Parlamentssitze zu verteilen. Wer in seinem Wahlkreis über 50 Prozent der Stimmen erobern konnte, ist gewählt. Die weitere Bestimmung jener, die die 50-Prozent-Marke verfehlt haben, aber mehr als 15 Prozent erreichten, findet in zwei Wochen in einem zweiten Wahlgang statt. Das komplizierte ungarische Wahlsystem macht Vorhersagen zum Ausgang schwierig.

Acht Jahre lang waren die ungarischen Sozialisten an der Macht. Doch bereits bei die der ersten Runde der Parlamentswahlen von Sonntag war ihnen die bittere Niederlage gewiss. Aller Voraussicht nach werden die diskreditierten Sozialisten bald durch Orbans rechts-liberalen „Fidesz“ abgelöst. Am meisten Stimmen zulegen werden in der zweiten Runde am 25. April aber wohl noch die Rechtsradikalen von Jobbik. „Wenn Jobbik uns überrundet, bedeutet dies für Ungarn ein Desaster“, erklärt die sozialdemokratische Parteichefin Ildiko Lendvai.

Kurz zuvor: Der Theatersaal in der Kindertagesstätte an der Fö-Straße mitten in Budapests Proletarierviertel Kispest ist zum Bersten voll. Plakate verkünden einen „radikalen Wandel im Namen des Volkes“. „Wir brauchen die EU nicht!“, ruft ein Redner in den Saal und erntet tosenden Applaus. Zu beiden Seiten der Bühne steht ein finster dreinblickendes Mitglied der „Ungarischen Garde“, des paramilitärischen Arms der Jobbik-Partei. Mütter mit ihren Teeny-Töchtern, ärmlich gekleidete ältere Männer und auffallend viele Jugendliche hören alsbald einem Reigen langer, ruhig vorgetragener Reden zu. Die meisten wohnen in den nahen Plattenbauten und haben seit der Wende von 1989 stramm für die Sozialisten (MSZP) gestimmt. Damit scheint es vorerst vorbei zu sein. Nun könnte Jobbik ihre Stimmen gewinnen.

Um 6,5 Prozent ist das ungarische Bruttosozialprodukt allein im Jahre 2009 zurückgegangen. Die Arbeitslosigkeit stieg landesweit auf aktuell über zehn Prozent. Im erfolgsverwöhnten Ungarn, das noch in sozialistischer Zeit Marktreformen einleitete, ist man so etwas nicht gewohnt.

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