zum Hauptinhalt
Parteien müssen nur Spenden über 50 000 Euro sofort angeben. Seit der Affäre um verdeckte Spenden des Flick-Konzerns an verschiedene Parteien in den 1980ern wurden die Regelungen beständig verschärft.

© dpa

Parteienfinanzierung: Großspender sterben aus

Deutsche Unternehmen überwiesen den Parteien im Jahr vor der Bundestagswahl deutlich weniger Geld als zuvor - die Affäre um Ex-Bundespräsident Christian Wulff brachte den Spendern ein Imageproblem. Allein die Linke freut sich darüber.

Was haben Daimler, BMW, zwei Metallindustrie-Verbände, der nordwestdeutsche Textilverband und ein älteres Ehepaar aus Wilhelmshaven gemeinsam? 2012 waren sie die alleinigen Großspender deutscher Parteien, sie überwiesen also jeweils über 50 000 Euro – insgesamt 1,3 Millionen. 2011 waren es noch mehr als zwei Millionen von elf Spendern, wie einer im Internet publizierten Auflistung des Deutschen Bundestages zu entnehmen ist. Das Ehepaar aus Wilhelmshaven bedachte die politisch bedeutungslose Marxistisch-Leninistische Partei – alle anderen Spenden gingen an CDU, CSU, FDP oder die SPD.

Michael Kosz von Transparency International (TI) sieht nach dem Dauerskandal um den Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff „ein Imageproblem“ für spendewillige Unternehmen. Auch werde im Jahr vor einer Bundestagswahl weniger gespendet, im Wahljahr selbst dann umso mehr. Kosz fordert im Namen von TI ein generelles Umdenken: „Wir schlagen eine Deckelung auf 50 000 Euro und als Ausgleich eine maßvolle Anhebung der staatlichen Parteienfinanzierung vor.“

Erst 2010 hatte Bundespräsident Norbert Lammert (CDU) auf Kritik reagiert und verfügt, dass Großspenden unverzüglich, statt wie bis dahin üblich nach einem Monat, bekannt gemacht werden. Spenden zwischen 10 000 und 50 000 Euro müssen die Parteien ohnehin erst in ihren Rechenschaftsberichten und damit teilweise mit einjähriger Verspätung veröffentlichen. Nach dem Rücktritt von Wulff und der Debatte um eine zu große Unternehmensnähe der politischen Klasse hatten viele Firmen 2012 einen Rückzug aus dem politischen Sponsoring angekündigt, zum Beispiel die Bahn und Audi. Die Allianz hatte vorgeschlagen, auch kleinere Spenden zu publizieren und Lammert gebeten, ihre 30 000-Zuwendungen, die sie mit Ausnahme der Linken an alle im Bundestag vertretenen Parteien getätigt haben, öffentlich zu machen.

Dennoch sieht der Rechts- und Verwaltungsexperte Ulrich Battis „keinen gesetzlichen Reformbedarf“. „Es ist zu beobachten, dass potenzielle Großspender eine Abneigung entwickeln, das ist aber auch nicht weiter schlimm.“ Battis betont, dass das deutsche Parteienfinanzierungssystem international auf Nachahmer stoße.

Dabei dürfte das Thema Großspenden die Parteien in unterschiedlichem Maße beschäftigen. Während das linke politische Spektrum traditionell nicht zu den Lieblingen der Unternehmen zählt, hatten die Großspenden bei der FDP in den vergangenen Jahren einen bedeutenden Anteil an den Parteieinnahmen. 1983 wurde die damals fast bankrotte Partei vom Kaufhaus-Millionär Helmut Horten mit einer Spende von mehr als sechs Millionen Mark gerettet. „So etwas würde der FDP heute kaum passieren. Dafür hat beispielsweise die Linke Probleme mit Mitgliederschwund. Das deutsche Parteienfinanzierungssystem ist durchaus ausgewogen“, meint Battis. Der Schatzmeister der Linken, Raju Sharma, äußerte sich denn auch „erfreut“ über einen Rückgang der Großspenden und wiederholte die Forderung nach einem generellen Verbot: „Wenn Unternehmen an Parteien spenden, entsteht immer der Eindruck, dass Politik einfach gekauft wird.“ Die Linke nehme keine derartigen Spenden an.

Als „Gesundungsprozess“ für die deutsche Demokratie sieht Parteienexperte Hans Herbert von Arnim von der Verwaltungshochschule in Speyer den Rückgang der Großspenden. „Wer zahlt, will auch Einfluss, das ist klar.“ Von Arnim verweist darauf, dass in vielen europäischen Nachbarländern die maximale Spendensumme gedeckelt sei. Problematisch sei ebenfalls, dass erst Summen ab 10 000 Euro transparent gemacht werden müssen. „Auf lokaler Ebene können Sie manchmal schon mit 3000 Euro etwas ausrichten.“ Dass die Unternehmen zurückhaltend bleiben, bezweifelt von Arnim – schließlich werde 2013 gewählt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false