zum Hauptinhalt

Parteienfusion: Linke vor einem historischen Jahr

Die für den 16. Juni geplante Fusion der Linkspartei/WASG ist für die Linke in Deutschland ein historisches Datum. Es gibt kein Vorbild für einen solchen Zusammenschluss.

Berlin - Gregor Gysi weiß, wie er seinen Leuten die Welt erklären kann. So veranschaulichte er kürzlich beim Bundesparteitag seiner Linkspartei ein Versäumnis der deutsch-deutschen Vereinigung von 1990: "Die Frau in Passau und der Mann in Kiel hatten kein Vereinigungserlebnis. Und aus ihrer Sicht nörgeln die Ossis nur und wählen auch noch komisch."

Mit der Fusion Linkspartei/WASG zu einer gesamtdeutschen Linken könne es 2007 erstmals nach dem Mauerfall eine "echte Vereinigung" von Ost und West geben. Westdeutsche könnten erfahren, dass sie vom Osten profitieren. Gysi ermahnte die Genossen, diese Chance für die ostdeutsche Linkspartei und die westdeutsche Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) nicht zu "vergeigen".

Der "blöde grüne Pfeil"

Bisher habe der Osten getan, was der Westen vorgab, und nichts sei vom Osten übernommen worden, ärgert sich Gysi. "Nicht die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten, nicht die außerschulische Betreuung, nicht die Poli-Kliniken - nichts, außer der blöde grüne Pfeil, den sie auch schon wieder schrittweise abschaffen."

Die Linkspartei mit rund 61.000 Mitglieder ist im Osten eine Art Volkspartei. Nur durch sie sind die Kandidaten der etwa 12.000 Mitglieder zählenden WASG bei der Wahl 2005 in den Bundestag gekommen. Seither teilen sich Gysi und der ehemalige SPD-Chef Oskar Lafontaine (WASG) den Vorsitz der gemeinsamen Fraktion.

Bremer Landtagswahl als erster Test

Die Linke in Deutschland könnte erstmals erfahren, dass sie nicht an internem Streit scheitert. Nach der einvernehmlichen Klärung über Statut, Finanzordnung und Programm der neuen Partei gilt die Fusion nun jedenfalls als sicher. Ende März sollen parallel tagende Parteitage die Dokumente verabschieden. Ein erster Test für das Ziel, auch im Westen Fuß zu fassen, wird die Bremer Landtagswahl im Mai sein.

In der Gründungsphase der WASG 2004 hatten wache Sozialdemokraten Ungemach gewittert. Sie fürchteten bereits damals, dass die Gruppierung aus regierungskritischen Gewerkschaftern und enttäuschten früheren SPD-Mitgliedern nötige Wählerstimmen kosten könnte. Und so konnte dann auch die SPD 2005 ihre Regierung mit den Grünen im Bund nicht mehr fortsetzen. Die Linksfraktion zog mit 8,7 Prozent als zweitstärkste Oppositionskraft ins Parlament ein.

Lafontaine sagt, der Erfolg der neuen Linken sei bereits messbar: Die Union debattiere über eine längere Auszahlung des Arbeitslosengeldes für ältere Erwerbslose, die SPD spreche über einen Mindestlohn, und die Grünen hätten mit ihrem Nein zum US-geführten Anti-Terror-Kampf "Enduring Freedom" erstmals einen Auslandseinsatz der Bundeswehr abgelehnt.

Opposition ist einfacher als Regierungsarbeit

Dass es allerdings leichter ist, in der Opposition Forderungen aufzustellen als diese in der Regierung umzusetzen, zeigt vor allem die Senats-Beteiligung der Linkspartei in Berlin. Auch in der Hauptstadt gab es Einschnitte in sozialen und kulturellen Bereichen, die die Bundestagsfraktion ablehnt.

Der Ex-Bundesfinanzminister Lafontaine hat den Großkoalitionären schon ungebeten viele Ratschläge gegeben, durch welche Steuererhöhungen, etwa für Reiche, die Staatseinnahmen verbessert werden könnten. Auf die Frage, ob eine rot-rote Koalition im Bund mit den früheren Weggefährten und heutigen Kontrahenten machbar wäre, sagt Lafontaine: "Politik sollte man nach Inhalten machen." Die SPD könne morgen mit Hilfe der Linken den Kanzler stellen, wenn sie Sozialabbau rückgängig mache und die Bundeswehr aus dem Ausland zurückhole.

Die SPD hält sowohl Linkspartei als auch WASG indes für realitätsfern. Ganz real dürfte aber eine vereinigte Linke gerade den Sozialdemokraten als Konkurrent in Bund und Ländern ein Dorn im Auge sein. (Von Kristina Dunz, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false