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SPD-Parteichef Sigmar Gabriel.

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Update

Parteikonvent für Koalitionsgespräche: Gabriel: "Wir freuen uns auf die Debatten mit der Union"

Der Parteikonvent der SPD hat sich für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der Union ausgesprochen und dabei auch einen Forderungskatalog der Parteiführung an eine große Koalition noch einmal verschärft - vor allem beim Betreuungsgeld und den Finanzierungsplänen.

Die SPD will Koalitionsverhandlungen mit der Union aufnehmen. Dies hat der Parteikonvent in Berlin entschieden. Die Verhandlungen mit der Union sollen am Mittwoch beginnen. Insgesamt hat es 31 Gegenstimmen und zwei Enthaltungen unter den 229 Delegierten gegeben, teilte SPD-Chef Sigmar Gabriel mit. "Der Rest hat sich für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union ausgesprochen."

Es könne natürlich passieren, dass sich so unüberbrückbare Differenzen ergeben, dass eine Koalition nicht möglich sei, sagte Gabriel. Es sei aber klar, dass man mit dem Ziel eines Vertrags in die Gespräche gehe. "Wir freuen uns auf die Diskussionen und Debatten mit der Union."

Über einen Koalitionsvertrag soll am Ende ein Mitgliedervotum entscheiden. "Damit setzen wir einen neuen Standard", sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel nach dem Konvent. "Wir gehen offensiv an die Mitgliederbeteiligung ran", so Gabriel. Die Befragung soll in Form einer Briefwahl stattfinden. Im Vorfeld der Abstimmung soll es Regionalkonferenzen geben, auf denen der dann zur Abstimmung stehende Koalitionsvertrag diskutiert werden könne.

Gabriel hält Abschluss der Verhandlungen bis Weihnachten für möglich

Ein Ende der Verhandlungen könne man noch nicht absehen. Aber für Gabriel sei klar: "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit." Es sei auch möglich, ohne einen Abschluss der Koalitionsverhandlungen in den SPD-Parteitag Mitte November zu gehen. Allerdings sagte Gabriel auch: "Weihnachten muss auch mal Schluss sein." Schließlich wolle man ja auch noch Geschenke kaufen.

Parteichef Sigmar Gabriel sagte, dass die Schwierigkeiten einer Koalitionsverhandlungen auch eine Rolle gespielt haben. Diese hätte auch die Landeschefin der NRW-SPD, Hannelore Kraft, zum Ausdruck gebracht, aber sie unterstütze die Koalitionsverhandlungen so Gabriel. Er betonte auch, dass Personalien in keinem Gespräch eine Rolle gespielt hätten.

SPD besteht auf flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro

Am Vormittag hatte sich bereits der Parteivorstand mit einer Nein-Stimme für Koalitionsverhandlungen mit der Union ausgesprochen. Der Konvent hat ein Paket mit zehn zentralen Forderungen an eine große Koalition verabschiedet. Als erstes wird die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro aufgeführt. "Wir wollen, dass sich in Deutschland Arbeit wieder für alle lohnt. Wir wollen deshalb gerechte Löhne für gute Arbeit. Dazu zählt u.a. die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde (in Ost und West), die wirksame Bekämpfung des Missbrauchs von Leih- und Zeitarbeit und sogenannter „Werkverträge“, sowie die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen", heißt es in dem Beschluss.

Zweiter Punkt ist der Renteneintritt nach 45 Jahren Erwerbstätigkeit. "Nach einem langen Arbeitsleben (45 Jahre) muss eine gute Rente ohne Abzüge stehen. Wir wollen die Absicherung erwerbsgeminderter Menschen verbessern. Wir wollen eine Angleichung der Rentensysteme in Ost- und Westdeutschland", lautet es in dem Beschluss.

Weitere Forderungen sind Verbesserungen im Pflegesystem und bei der Gleichstellung von Mann und Frau. Dazu zählen laut dem Beschluss beispielsweise "verbindliche Regelungen für mehr Frauen in Führungspositionen". Weitere Forderungen beziehen sich auf das Thema Zuwanderung. So soll der Optionszwang, wonach sich Kinder von in Deutschland lebenden Ausländern im Alter von 18 Jahren für eine Staatsbürgerschaft entscheiden müssen wegfallen. Auch die "Situation von Flüchtlingen soll verbessert werden - ohne dass es hierzu im Beschluss konkrete Forderungen gibt. Kommunen sollen finanziell gestärkt, Investitionen in die Infrastruktur und Bildung getätigt werden, Rüstungsexporte beschränkt. Auch für eine Regulierung der Finanzmärkte macht sich die Partei in ihrem Zehn-Punkte-Katalog stark.

SPD verzichtet auf Forderung nach Steuererhöhungen und Abschaffung des Betreuungsgeldes

Interessant ist, was sich nicht darin wieder findet - so beispielsweise die noch im Wahlkampf und im Regierungsprogramm erhobene Forderung nach Steuererhöhungen und die Abschaffung des Betreuungsgeldes. Vor allem beim linken SPD-Flügel hatte es am Wegfall dieser beiden Punkte Kritik gegeben. Der Konvent hat dann am ursprünglichen Entwurf der Parteiführung auch noch einige, wenn auch kosmetische Änderungen vorgenommen. Zum Betreuungsgeld heißt es nun: "Moderne Gesellschaftspolitik muss die alten Rollenmuster überwinden und die Vereinbarkeit von familiärer Sorge und Beruf verbessern. Das unterscheidet unseren Weg von dem falschen Pfad, den die Bundesregierung mit dem Betreuungsgeld eingeschlagen hat."

Beim Thema Finanzierung wurde die Forderung vom Konvent in den Katalog geschrieben, dass es keine Kürzungen im Sozialsystem geben dürfe. Konkret heißt es: "Ausgehend von unseren Finanzierungsvorschlägen werden wir in den Koalitionsverhandlungen auf einer verlässlichen, soliden und gerechten Finanzierung aller Projekte von Kommunen, Ländern, Bund und Sozialkassen in einer künftigen Koalitionsvereinbarung bestehen, um die damit angestrebten Verbesserungen auch tatsächlich zu erreichen. Wir werden keine sozialen Kürzungen akzeptieren."

Oppositionsrechte sollen gestärkt werden

Die Partei beschloss außerdem, die Oppositionsrechte im neuen Bundestag zu stärken. Da die Opposition zahlenmäßig so schwach ist, laufen Grüne und Linke Gefahr, wichtige Minderheitenrechte nicht mehr wahrnehmen zu können. "Eine starke Demokratie braucht auch eine Opposition. Die SPD will daher der Opposition im Bundestag die Wahrnehmung der Minderheitenrechte ermöglichen."

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