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Parteitag: Affenzirkus bei der FDP

Die FDP ist in Hannover zu ihrem Parteitag zusammengekommen. Dort soll die Führungsspitze neu gewählt und das Wahlprogramm für die Bundestagswahl verabschiedet werden - und Guido Westerwelle will die großen Tiere zähmen.

Die Elefanten bewegten sich im Takt indischer Tänzerinnen. Aber da war FDP-Parteichef Guido Westerwelle noch nicht zu sehen. Doch dass die Liberalen zu den großen Tieren in der Politik gehören wollen, das machten sie am Donnerstagabend vor Beginn ihres Parteitages in Hannover deutlich. Sie hatten zum Presseabend in den Zoo von Hannover geladen. Umringt von Affen, Tigern, Schlangen und anderen Tieren mussten die FDP-Delegierten dann erklären, warum man eine solche Lokalität auf keinen Fall falsch verstehen sollte. Schließlich hat man der Partei viele Jahre lang einen gewissen Hang zur Überheblichkeit nachgesagt.

Das exotische Ambiente konnte dementsprechend nicht vergessen machen, dass die Auftritte des Parteichefs vor dem Parteitag nicht gerade souverän wirkten. "Völlig ohne Not hat Westerwelle wieder die Koalitionsdiskussion befeuert", sagte einer der FDP-Leute aus dem engeren Führungszirkel und fand, dass man dieses "Hü und Hott nicht als Strategie verkaufen kann".

"Wir rennen keinem Rockschoß hinterher"

In der Tat hatte Westerwelle erst am Wochenende mal wieder die Tür Richtung Koalition mit SPD und Grünen deftig zugeschlagen und seine persönliche Lieblingspräferenz Schwarz-Gelb und einen Lagerwahlkampf ausgerufen, um dann in den nächsten Tagen plötzlich wie von der Tarantel gestochen auf die Kanzlerin zu schimpfen, was in dem Satz gipfelte: "Wir kämpfen für eine starke FDP und rennen keinem Rockschoß hinterher." Angeblich hatte es Westerwelle geärgert, dass die Kanzlerin wieder nicht deutlich genug die FDP als Wunschpartner betont und in Sachsen CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich plötzlich von Schwarz-Grün geredet hatte. Aber innerhalb der FDP wurde Westerwelles Verhalten eher mit dem Hang zum übergroßen Aktionismus erklärt.

Die Stimmung auf dem Parteitag mit über 600 Delegierten war dementsprechend gespannt. Die Mehrheit wünscht sich wohl eher weniger "Aufregung" und "mehr Souveränität", schließlich sei doch der Zustand der Liberalen im Augenblick hervorragend. Die Umfragewerte stimmten, die inhaltliche Aufstellung der Partei ebenfalls, "da können wir uns jetzt nur noch selbst ein Bein stellen", wie es hieß. Tatsächlich ist die Situation der Liberalen paradox. Elf Jahre nach dem Verlust der Macht 1998 stehen die Chancen so gut wie nie, wieder in die Regierung zu kommen, ausgerechnet im Angesicht einer der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrisen, die auch Deutschland immer mehr zuzusetzen scheinen.

Kernthema: Steuern senken, Steuersystem reformieren, soziale Marktwirtschaft retten

Die Liberalen haben sich in den letzten zwei Jahren enorm bemüht, sich inhaltlich breiter aufzustellen, sie haben begonnen, Themen wie Bildung und Bürgerrechte wieder stark zu betonen und sie regieren in wichtigen Bundesländern mit, wie in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und jetzt auch in Bayern. Dennoch hat die Partei sich jetzt im heraufziehenden Wahlkampf wieder auf ihr Kernthema konzentriert: Steuern senken, Steuersystem reformieren, die soziale Marktwirtschaft retten. Mit dieser Ausrichtung hat die FDP sowohl von der Union als auch von der SPD Stimmen gewonnen, die sich in den guten Umfragewerten zwischen 14 und 16 Prozent bemerkbar machen. Viele in der Partei stellen sich nun die Frage: Wird das reichen? Was passiert, wenn die Krise schon im Sommer zu deutlich mehr Arbeitslosigkeit führt? Ist man dann weiterhin glaubwürdig mit einem reinen Wirtschaftskurs, kann man dann noch betonen, dass man mehr ist als nur Wirtschaftspartei?

Westerwelle hat sich für diesen Kurs entschieden. Und so rechnen sie jetzt fleißig bei der FDP. Wenn es nicht reichen sollte für Schwarz-Gelb, was dann zu tun sei. Zwei unterschiedliche Meinungen gibt es: Wenn Westerwelle ein Rekordergebnis von über 12 Prozent einfährt - das beste Resultat waren 12,8 Prozent 1961 unter Erich Mende - dann könnte er mit erhobenem Haupt sagen: Wir gehen wieder in die Opposition, denn inhaltlich sind wir viel zu weit entfernt von Rot-Grün. Das hat er in den letzten Tagen selbst angedeutet, und es gibt Altliberale wie den Finanzexperten Hermann Otto Solms, der genau das fordert. Wenn das Ergebnis aber beispielsweise unter zehn Prozent liegen würde, dann muss er regieren, auch in der Ampel, denn sonst wären seine Tage in der Partei als Vorsitzender wohl gezählt.

Als die Elefanten schlafen gingen, kam Westerwelle, sprach ein paar Worte und war relativ früh wieder entschwunden. Der Mann weiß, dass er nicht mehr viele Chancen hat. Einen Affenzirkus kann er sich nicht erlauben.

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