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Er soll die FDP wieder auf Kurs bringen: Christian Lindner ist neuer FDP-Chef.

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Update

Parteitag der FDP: Christian Lindner zum FDP-Chef gewählt

Mit 79,04 Prozent der Stimmen ist Christian Lindner zum FDP-Chef gewählt worden. Auf dem Parteitag übte sich die Parteispitze auch kräftig in der Selbstkritik. Ob Rainer Brüderle, Philipp Rösler oder Daniel Bahr: Keiner aus der Parteispitze, der nicht kritische Worte findet.

Christian Lindner ist neuer Bundesvorsitzender der FDP. Der 34-jährige nordrhein-westfälische Landes- und Fraktionschef wurde beim Sonderparteitag am Samstag in Berlin mit 79,04 Prozent zum Nachfolger von Philipp Rösler gewählt, der wie die gesamte Führung nach der Wahlniederlage im September zurückgetreten war. Lindner setzte sich gegen zwei weitgehend unbekannte Gegenkandidaten durch. Ziel sei es, die FDP 2017 in den Bundestag zurückzuführen und die anderen Wahlen bis dahin als wichtige Meilensteine anzusehen, erklärte Lindner in seiner Bewerbungsrede. Für diesen langen Weg werde jeder Einzelne in der Partei gebraucht. “ Die Zeit der Trauerarbeit der FDP ist zuende, ab heute bauen wir vom Fundament aus neu auf“, sagte Lindner unter dem Applaus der Delegierten.
Lindner rief die FDP zudem zu mehr Zusammenhalt auf.
Nicht immer seien die Liberalen in den vergangenen Jahren im Umgang miteinander ihren eigenen gesellschaftspolitischen Ansprüchen gerecht geworden. Künftig müsse gelten: “Greift der politische Gegner einen von uns an, dann bekommt er es mit der gesamten FDP zu tun.“ Lindner gab zudem aus, die FDP werde nicht der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD) hinterherlaufen. Diese Partei sei eine “nationalökonomische Bauernfängertruppe“. “Würden wir auch nur einen Zentimeter in Richtung der Euro-Hasser gehen, wir würden unsere ökonomische Kompetenz verlieren, aber vor allem unsere Seele.“

Selbstkritik bei der FDP

Zweieinhalb Monate nach der Bundestagswahl hat die FDP ihre historische Niederlage aufzuarbeiten versucht. Der scheidende Parteichef Philipp Rösler räumte auf einem außerordentlichen Parteitag am Samstag in Berlin eigene Fehler ein, beklagte aber auch mangelnde Unterstützung von Kollegen aus der Parteiführung.
"Ich hätte mich über ein bisschen mehr Unterstützung im ganzen Team gefreut“, sagte Rösler in seiner etwa 20-minütigen Rede. Zu oft habe er als FDP-Chef alleine gestanden, ohne dass ein starkes Team ihn unterstützt hätte. Ihm selbst sei es nicht gelungen, aus den unterschiedlichen Charakteren ein Team zu bilden.

Der designierte FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner unterhält sich in Berlin auf dem Bundesparteitag seiner Partei mit dem Fraktionsvorsitzenden der FDP in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki und dem amtierendenBundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Die FDP will auf dem Sonderparteitag eine neue Führungsmannschaft wählen.
Der designierte FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner unterhält sich in Berlin auf dem Bundesparteitag seiner Partei mit dem Fraktionsvorsitzenden der FDP in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki und dem amtierendenBundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Die FDP will auf dem Sonderparteitag eine neue Führungsmannschaft wählen.

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Rösler rief die Delegierten zu einer kritischen Bestandsaufnahme und zu einem Neubeginn auf. „Nur wenn wir offen die geschehenen Dinge ansprechen, haben wir die Chance, aus den gemachten Fehlern zu lernen, damit sie in Zukunft im Interesse der Partei nicht mehr gemacht werden.“ Der scheidende Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kritisierte den Umgang der Partei mit ihrem Führungspersonal: Wer so schlecht rede über seine Führung, der müsse sich nicht wundern, „wenn der Führung nichts zugetraut wird“ in der Öffentlichkeit.

Rainer Brüderle hat seine eigene Theorie für das Scheitern der FDP

Fehler räumte auch der gescheiterte FDP-Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl, Rainer Brüderle, ein: Die von ihm initiierte Zweitstimmenkampagne in der letzten Woche vor der Bundestagswahl im September sei falsch gewesen. Der Grundstein für die Niederlage sei aber „viel früher“ gelegt worden, sagte Brüderle. Als Beispiele nannte er den Verzicht auf eine Zusammenlegung von Außen- und Entwicklungsministerium, das Fehlschlagen der von der FDP geforderten Steuerreform und unpassende Äußerungen der Führung.

FDP nach außen hin eine "Kein-Thema-Partei"

Allzu herbe Kritik am Versagen der scheidenen Parteispitze blieb in der mehrstündigen Debatte aus. Die FDP habe im Wahlkampf viel zu selten erklärt, warum sie gegen Oppositionspläne wie flächendeckende Mindestlöhne, Frauenquoten oder den Veggie-Day sei, kritisierte der neugewählte Vorsitzende der Jungliberalen, Alexander Hahn. „2009 waren wir nach außen hin eine Ein-Themen-Partei, 2013 waren wir nach außen hin eine Kein-Thema-Partei.“ Eine bessere Kommunikation der Ziele der FDP forderte auch der neue bayerische Landeschef Albert Duin. „Ich glaube, dass wir mit unserem Programm alles abdecken, nur wir verraten es niemandem“, kritisierte er. Auf dem Parteitag soll am Nachmittag der 34-jährige Lindner zu Röslers Nachfolger gewählt werden. Kandidatin für den Posten der Generalsekretärin ist die scheidende hessische Kultusministerin Nicola Beer. Um die anderen Ämter bewerben sich zum Teil mehrere Kandidaten. Die FDP hatte bei der Wahl im September erstmals seit 1949 den Einzug in den Bundestag verpasst.

Für Empörung sorgte in der FDP das Bestreben der SPD, Mitglieder der Liberalen abzuwerben. Die scheidende FDP-Vize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete entsprechende Angebote aus der SPD-Spitze in der „Welt“ ironisch als „politische Eleganz der Extraklasse“.
Den Delegierten liegt in Berlin auch ein Leitantrag vor, in dem der FDP-Bundesvorstand die Partei scharf von der künftigen großen Koalition abgrenzt. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD verlasse den Weg des soliden Haushaltens, belaste durch neue Ausgaben die künftige Generation und verletze durch den angestrebten gesetzlichen Mindestlohn das Prinzip der Tarifautonomie, heißt es darin. (AFP, Reuters)

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