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Politik: Parteitag der FDP: Liberale verzichten auf Kanzlerkandidatur

Die FDP wird keinen "Kanzlerkandidaten" aufstellen. Mit dieser klaren Entscheidung des Düsseldorfer Parteitags hat FDP-Chef Guido Westerwelle am Sonnabend seine erste Machtprobe im neuen Amt bestanden.

Von Robert Birnbaum

Die FDP wird keinen "Kanzlerkandidaten" aufstellen. Mit dieser klaren Entscheidung des Düsseldorfer Parteitags hat FDP-Chef Guido Westerwelle am Sonnabend seine erste Machtprobe im neuen Amt bestanden. In einem dramatischen Rededuell mit dem NRW-Landeschef Jürgen Möllemann machte Westerwelle seinen alleinigen Führungsanspruch geltend. Zugleich unterstützte der FDP-Chef aber das von Möllemann entworfene "Projekt 18", das der Parteitag einmütig als Wahlkampfstrategie akzeptierte. Damit ist nun auch klar, dass die FDP ohne Koalitionsaussage in die Bundestagswahl 2002 gehen wird.

Möllemann hatte in einer von frenetischem Beifall begleiteten Rede noch einmal für seine Idee eines FDP-Kanzlerkandidaten geworben. Dieser Titel könne am besten den Anspruch der FDP verdeutlichen, sich als dritte Kraft auf einer Ebene mit SPD und CDU zu etablieren. "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte", beschwor Möllemann die 662 Delegierten. Er bot Westerwelle seine volle Unterstützung an, falls dieser den Titel für sich selbst beanspruchen würde.

Pfiffe, Gelächter und Buh-Rufe erntete anschließend die hessische FDP-Landeschefin Ruth Wagner, die forderte, die FDP dürfe nicht die Realität aus dem Auge verlieren. "Wenn wir 12 oder 15 Prozent erreichen würden, wäre das auch kein Misserfolg", sagte sie. Die "Kunstfigur" eines Kanzlerkandidaten stärke den neuen Parteivorsitzenden nicht.

Westerwelle warf in seiner Rede, die die Delegierten mit stehendem Beifall honorierten, sein Gewicht als frisch gewählter Parteichef in die Waage. Er lobte Möllemanns "großartiges Verdienst", mit der "Strategie 18" in der FDP eine neue Aufbruchstimmung erzeugt zu haben. Sie könne zur Partei für alle Suchenden werden, die in den anderen Parteien keine Heimat mehr fänden. Es bestehe aber die Gefahr, dass der Titel eines "Kanzlerkandidaten" bei diesen Menschen als reiner PR-Gag ankomme. "Wenn man die Schraube eine Umdrehung zu weit dreht, besteht die Gefahr, dass dann das Gewinde bricht", sagte er.

In der geheimen Abstimmung folgten 72 Prozent der Delegierten der Forderung des Parteichefs nach Verzicht auf den "Kanzlerkandidaten". Die übrige "Strategie 18" wurde bei zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen akzeptiert.

Möllemann sagte dazu, "fußballerisch" habe er gewonnen - "bei einem Gegentor". Er betonte nach seiner Abstimmungsniederlage, der Parteitag habe offenbar "Kratzer" für Westerwelle vermeiden wollen. Westerwelle sagte, mit der Entscheidung der Delegierten seien "die Diskussionen, die vor dem Parteitag eine Rolle gespielt haben, abgeschlossen". Er sei zuversichtlich, dass Möllemann nun seine Kraft in den Dienst der Partei stellen werde. Die Entscheidung des Parteitages sei aus seiner Sicht "die richtige strategische Entscheidung." Zu seinem kämpferischen Einsatz gegen einen FDP-Kanzlerkandidaten sagte er: "Es gibt Situationen, da muss man stehen."

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