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Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und SPD-Parteichef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (l, SPD) auf dem Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) in Berlin.

© dpa

Parteitag der SPD: Gerhard Schröder - der heikle Auftritt eines Unbeugsamen

Offiziell würdigte Gerhard Schröder die verstorbenen Schmidt, Bahr und Grass. Doch der Ex-Kanzler nutzte seinen ersten Auftritt auf einem SPD-Parteitag seit acht Jahren auch, um über sich selbst zu sprechen. Ein Risiko - vor allem für Sigmar Gabriel.

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Es ist ein seltener Gast, der am späten Donnerstagvormittag auf der Bühne im Kongresscentrum „CityCube“ das Wort ergreift. Zuletzt sprach Gerhard Schröder im Jahr 2007 auf einem SPD-Parteitag. Damals waren die Verletzungen noch nicht einmal ansatzweise geheilt, die der Reformkanzler mit seiner Agenda-Politik seiner Partei zugefügt hatte. „Ihr habt es mir nicht leicht gemacht, aber ich euch auch nicht“, rief er damals den Parteifreunden zu.

Acht Jahre später ist das Verhältnis noch immer nicht frei von Spannungen. Das wird schon deutlich, als Schröder von Parteivize Aydan Özoguz auf dem Parteitag willkommen geheißen wird. Der Applaus für den Altkanzler ist höflich, aber nicht begeistert. Für manche im Saal ist der Mann im dunklen Anzug bis heute eine Provokation. Schröder hat sich ihnen nie gebeugt. Das Land war ihm wichtiger als die Partei. Das sitzt tief.

Schon deshalb ist SPD-Chef Sigmar Gabriel ein Risiko eingegangen, als er Schröder zu dem Delegiertentreffen einlud. Vieles verbindet die beiden Niedersachsen, der Pragmatismus, das Misstrauen gegenüber ideologischen Antworten auf reale Probleme und die Verachtung für die Theoriehörigkeit des linken Parteiflügels. Auch deshalb beobachten viele Sozialdemokraten nicht nur Schröder, sondern auch den aktuellen Vorsitzenden mit Skepsis. Es ist die Furcht davor, dass der Basta-Kanzler in Gestalt von Gabriel zurückkehren könnte.

Der Auftritt von Gerhard Schröder ist heikel für SPD-Chef Sigmar Gabriel

Gabriel weiß das, deshalb hat er Schröders Auftritt auf dem Parteitag sorgsam eingehegt. Der Altkanzler und Ex-Parteichef hat die Aufgabe, die Gedenkrede auf drei große Sozialdemokraten zu halten, die in diesem Jahr gestorben sind: Günter Grass, Egon Bahr und Helmut Schmidt.

An solchen führungsstarken Persönlichkeiten fehlt es heute leider in der Sozialdemokratie. Wobei Sigmar Gabriel auch nicht unterschätzt werden sollte - der hat schon manchen überrascht.

schreibt NutzerIn minimal

Aber Schröder wäre nicht Schröder, wenn er die Gelegenheit nicht nutzen würde für mahnende Botschaften an die Genossen. Dabei geht es ihm nicht nur um Friedenspolitik und gesellschaftlichen Aufbruch, die er als Vermächtnis von Egon Bahr und Günter Grass benennt. Über den Vordenker der Ostpolitik und engsten Vertrauten Willy Brandts sagt er: „Von ihm konnte man lernen, dass man sich nicht davon abbringen lassen darf, das zu tun, was wichtig und notwendig ist.“ Wer will, kann darin eine Anspielung auf die unerbittliche Konsequenz sehen, mit der Schröder selbst seine Agenda-Politik durchgefochten hatte.

Gerhard Schröder spricht über Helmut Schmidt - aber indirekt auch über sich

Noch deutlicher wird Schröder, als er seinen Amtsvorgänger Helmut Schmidt würdigt. „Er war ein wahrlich großer Kanzler.“ Schmidt habe die SPD „als Partei der wirtschaftlichen Kompetenz in der Mitte der Gesellschaft verankert“ und damit die Grundlage für ihren Erfolg gelegt. Der Hamburger sei bereit gewesen, „für das Notwendige die Macht zu opfern“, lobt Schröder. „Er war bereit, das Wohl des Landes über das der Partei zu stellen – eine Entscheidung, die einsam macht.“ Spätestens jetzt ist jedem im Saal klar, dass Schröder auch über sich selbst spricht. Applaus gibt es dafür nicht.

Da feiern sich jene Parteiführer gegenseitig, die mit ihrer pseudolinken Politik aus der stolzen SPD eine Splitterpartei ohne spürbaren eigenen Gestaltungswillen gemacht haben. Dass sie dafür von der Basis keinen Beifall bekommen, sollte selbstverständlich sein.

schreibt NutzerIn heiko61

Wie viel Schröder steckt in Gabriel? Der Altkanzler jedenfalls stellt den aktuellen Parteichef in eine Kontinuitätslinie mit Helmut Schmidt, dem SPD-Regierungschef, der seiner Partei zu Wirtschaftskompetenz verhalf. Daran soll Gabriel anknüpfen: „Das ist das, was Sigmar Gabriel jetzt versucht und wofür er jede Unterstützung braucht.“

Die Mehrheiten in der Mitte erobern, das ist der Auftrag. Gabriel, der dieses Ziel schon lange verfolgt, sitzt oben auf dem Podium an seinem Platz und schaut auf die Delegierten. Keiner klatscht in diesem Moment. Man wird in der SPD nicht unbedingt geliebt, wenn man Schmidts Enkel und Schröders Ziehsohn sein soll.

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