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Parteitag: Die Grünen: Zu oft nein gesagt

Auf ihrem Parteitag in Rostock ringen Die Grünen nicht nur mit Schwarz-Gelb, sondern auch um dem eigenen Kurs.

Von Hans Monath

Die Grünen haben den Koalitionsvertrag von Union und FDP scharf angegriffen und dagegen harten politischen Widerstand sowohl innerhalb wie außerhalb des Bundestages angekündigt. „Hier hat sich ein antiökologisches, antisoziales Lager formiert, dem wir real begegnen müssen“, sagte Parteichefin Claudia Roth auf dem Bundesparteitag der Grünen in Rostock. Unter heftigem Beifall der Delegierten kritisierte Roth vor allem die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke, die Ankündigung von Kopfpauschalen im Gesundheitswesen und die Vereinbarungen der neuen Koalition zum Mindestlohn.

„Real erleben wir die härteste Lagerbildung gegen grüne Politik und einen Frontalangriff auf die innere Sicherheit und den inneren Frieden in diesem Land“, meinte Roth mit Blick auf die Aufkündigung des Atomausstiegs. Gegen den „energiepolitischen Rollback“ würden die Grünen Mehrheiten organisieren. Auch die Kabinettsliste kritisierte Roth scharf. „Das ist politische Geisterbahn mit lebenden Geistern“, rief sie.

Auf dem zweitägigen Parteitag will die kleinste Oppositionspartei im Bundestag ihre Rolle im Parteiensystem definieren und Grundlinien für die Oppositionsarbeit im Bundestag beschließen. Der Entscheidung der saarländischen Grünen für eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP hatte in der Partei heftige Debatten ausgelöst. Saar-Grünen-Chef Hubert Ulrich begründete die Koalitionswahl ohne Pathos. „Jamaika wird ein hartes Stück Arbeit für uns im Saarland werden“, sagte er unter vereinzelten Buhrufen. „Wir werden versuchen, das Experiment Jamaika für uns zum Erfolg zu führen.“

Ungeachtet der scharfen Frontstellung gegen Union und FDP im Bund forderten Roth und ihr Ko-Vorsitzender Cem Özdemir die Delegierten auf, künftig keine Koalitionsmöglichkeit mehr generell auszuschließen. Das Leitbild heiße aber nicht „anything goes, Hauptsache Macht“, versicherte Roth. Die Partei müsse für ihr grünes Profil stehen und daran politische Bündnismöglichkeiten entscheiden.

Nach mehrstündiger Debatte beschlossen die Delegierten am Abend, dass die Grünen künftig den Anspruch erheben, „führende Kraft für die linke Mitte“ zu sein. Der mit großer Mehrheit verabschiedete Beschluss spricht sich für einen Kurs der Eigenständigkeit aus, der Regierungsbündnisse sowohl mit SPD und Linkspartei wie auch Union und FDP im Grundsatz zulässt. „Mit dieser Ausschließeritis muss endlich Schluss sein!“, heißt es in dem Beschluss. Die größten inhaltlichen Schnittmengen sehen die Grünen jedoch weiterhin mit der SPD.

Die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen zogen einen Antrag zurück, mit dem sie vollkommen freie Hand in der Bündnisfrage verlangt hatten. Initiator Volker Ratzmann aus Berlin begründete dies damit, dass wichtige Forderungen übernommen worden seien. So verweist der Mehrheitsbeschluss nun ausdrücklich auf die Bedeutung der sechs Landtagswahlen nächstes Jahr für das Erstarken der Partei.

Der frühere Fraktionschef Fritz Kuhn rief seine Partei auf, die „selbstreflexiven Debatten“ zu beenden und den Kampf um die Oppositionsführerschaft aufzunehmen. „Die kannst du nicht erklären“, mahnte er, „die kannst du nur erobern“.

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