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© dpa

Parteitag: SPD-Führung: Störungsfrei optimistisch

Die neue SPD-Führung hat allzu kritische Blicke zurück in Dresden verhindert – die sollen folgen.

Von Antje Sirleschtov

Berlin – Rezepte hat Sigmar Gabriel sich und seiner SPD am ersten Abend des Dresdner Parteitages für die Zukunft einige verordnet. Eines handelt von einer neuen Debattenkultur, vom Zuhören und vom Ende der „Basta“-Politik der alten SPD-Führung.

Keine 24 Stunden nach Gabriels großer Antrittsrede als neuer SPD-Chef gab es den ersten Praxistest für dieses Rezept – und zwar ausgerechnet beim Thema Vermögensteuer. Jahrelang hatte sich die SPD-Führung gegen den Wunsch der Basis gewehrt, eine solche Steuer in Programme zu schreiben oder gar einzuführen. Zu kompliziert, zu wenig ertragreich, schlicht nur ein linkes Symbolthema, hieß es zur Begründung.

Nun, an diesem Samstag, dauerte es genau 15 Minuten, und die beim ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier, bei Ex-Finanzminister Peer Steinbrück, beim ehemaligen Parteichef Franz Müntefering und Co. so verhasste Vermögensteuer schaffte es in den Leitantrag der neuen SPD. Dass es eng werden wird, ahnten Gabriel und der Chef der Antragskommission, Olaf Scholz, bereits früh. Hatte es doch Warnungen gegeben, den Antrag der Jusos nicht einfach vom Tisch zu wischen.

Scholz versuchte es zuerst mit einem Trick: Er verlas aus dem Leitantrag den Plan, eine umfassende sozialdemokratische Steuerreform zu erarbeiten, bei der es unter anderem auch darum gehen soll, „Vermögende“ stärker zu besteuern. Damit, so Scholz, sei doch eigentlich die Vermögensteuer vorprogrammiert. Wozu sie also jetzt schon in den Antrag schreiben? Damit allerdings wollte sich Juso-Chefin Franziska Drohsel nicht zufrieden geben. Wenn denn die Steuer ohnehin kommen soll, dann könne man sie ja gleich in den Antrag ’reinschreiben. Sozusagen als erste Anzahlung auf das neue Offenheitsgebot des Parteichefs.

Was folgte, war hektisches Diskutieren im Präsidium. Gabriel, Generalsekretärin Andrea Nahles und Scholz steckten die Köpfe zusammen. Müntefering und Steinmeier mit versteinerten Mienen in der zweiten Reihe. Was würde nun passieren? Würde sich an diesem Punkt die Wut der Delegierten im Saal an ihrer ehemaligen Parteiführung entzünden?

Nein – ohne Zögern drehten Gabriel und Scholz bei. Dem Antrag der Jusos wurde zugestimmt. Es steht nun im Leitantrag, dass die SPD eine Vermögensteuer einführen will.

Bei der folgenden Abstimmung hatte übrigens die SPD-Linke Nahles zugestimmt, Gabriel nicht. Er habe seine Stimmkarte morgens im Hotel vergessen, redete er sich später heraus. Aber man wisse ja, dass er ein Freund der Vermögensteuer sei. Bei Müntefering huschte ein leicht spöttischer Blick über das Gesicht. Als wollte er sagen: Siehste, Sigmar, so was macht die SPD-Basis mit einem Vorsitzenden, der jeden zum Mitreden auffordert, statt die Truppe mit harter Hand zu führen.

Ein anderes Rezept von Gabriel lautet so: Neben der Aufarbeitung von Fehlern geht es darum, konkrete Politik zu machen. Schließlich ist die SPD im Bundestag Oppositionsführerin. Wie fit sie in dieser Rolle ist, suchte Fraktionschef Steinmeier an Samstagvormittag zu zeigen. Auch wenn einige im Saal später meinten, er klinge irgendwie immer noch ein bisschen wie der heisere Gerhard Schröder, so gelang es ihm doch zu zeigen, dass er der schwarz-gelben Koalition nichts durchgehen lassen will. Selbstbewusste Drohungen („Wir lassen uns nicht kleinkriegen“) verband Steinmeier mit Angriffen auf die Familien-, Steuer- und Gesundheitspolitik von Union und FDP. Man weiß noch nicht so recht, wie die Partei zu ihrem neuen Gesicht an der politischen Front steht. Nur ein einziger Delegierter wollte sich zu Steinmeiers Rede äußern: Gernot Erler, sein Ex-Staatssekretär im Außenamt. Und der lobte nur die Außenpolitik seines ehemaligen Vorgesetzten.

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