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Tianamen-Platz Militär

© AFP

Parteitag: Streng geheim

Chinas-KP hüllt sich vor dem Parteitag in tiefes Schweigen. Sie verrät nicht einmal die Dauer des Treffens. Dabei dürfte das Treffen für Politik der kommenden Jahre entscheidend werden.

Wenn am Montag der Parteitag der chinesischen KP in Peking beginnt, dann können auch altgediente China-Beobachter über den Ausgang nur rätseln. Obwohl auf dem Kongress der Kommunistischen Partei, der nur alle fünf Jahre stattfindet, die wichtigsten Ämter des Landes und die politische Richtung des Landes bestimmt werden, wissen Experten kaum etwas über die Hintergründe. Wie bei keinem anderen Ereignis wacht Pekings KP-Führung darüber, dass im Vorfeld keine Information nach außen gelangt. Sekretäre und ranghohe Mitarbeiter der Parteiführer leben seit Wochen in staatlichen Wohnheimen und Gästehäusern, von ihren Familien getrennt, damit sie nichts ausplaudern. Selbst die Dauer des Parteitages ist ein Geheimnis. Spekuliert wird, dass die rund 2000 Delegierten eine Woche tagen werden.

Als sicher gilt, dass Chinas starker Mann Hu Jintao – er ist Partei-, Armee- und Staatschef – für weitere fünf Jahre in seinen Ämtern bestätigt wird. Offen ist, ob und wie weit Hu auf dem Parteikongress seine Machtbasis ausbauen kann. Der 64-Jährige war 2002 als Nachfolger von Jiang Zemin angetreten, der mehr als zehn Jahre an der Spitze stand. Zwar bekleidet Jiang kein offizielles Amt mehr. Hinter den Kulissen und durch alte Seilschaften verfügt der 81-Jährige jedoch über bedeutenden Einfluss.

Hu Jintao wird versuchen, seine Macht auf zwei Arten zu festigen: ideologisch und personell. Die handverlesenen KP-Delegierten – darunter Modellarbeiter, Musterbauern und einige Privatunternehmer – werden Hus politische Doktrin der „wissenschaftlichen Entwicklungsansicht“ und der „harmonischen Gesellschaft“ im Parteistatut festschreiben. Hinter den beiden Schlagworten steht die Idee, dass China sich künftig umwelt- und sozialverträglicher entwickeln muss und die Wohlstandskluft nicht zu groß werden darf. Ob und wie viel von dieser Politik in der Realität umgesetzt wird, ist zweitrangig. Indem Hu seine Politik in die Parteiverfassung schreiben lässt, stellt er sich auf die gleiche Stufe wie die großen Vorgänger Mao Zedong, Deng Xiaoping und eben auch Jiang Zemin.

Am wichtigsten und schwierigsten ist jedoch die Postenverteilung. Unbestätigten Berichten von Hongkonger Zeitungen zufolge sollen die Lager von Hu Jintao und Jiang Zemin bis zuletzt über die Besetzung des mächtigen Ständigen Ausschusses des Politbüros – dem Machtzentrum Chinas – gerungen haben. Aus Alters- und Gesundheitsgründen werden mehrere der neun Sitze neu vergeben. Der Parteitag ist deshalb auch der Beginn eines Generationswechsels in Chinas Führung.

Um unangefochten an der Spitze zu stehen, muss Hu auch einen Nachfolger präsentieren, der bis 2012 in seine Fußstapfen treten kann. Als aussichtsreichster Kandidat gilt der 52-Jährige Li Keqiang, Parteichef der Provinz Liaoning und einstiger Weggefährte Hus in der kommunistischen Jugendliga. Gerüchten zufolge soll Jiang Zemin sich dagegen für den neuen Shanghaier Parteichef Xi Jinping (54) stark machen, der sich als Wirtschaftslenker und Reformpolitiker einen Namen gemacht hat. Wie der Machtpoker ausgeht, erfahren die Chinesen und der Rest der Welt am Ende des Parteitages. Wie bei früheren KP-Kongressen werden die alten und neuen Mitglieder des Ständigen Ausschusses vor ausländischen und chinesischen Journalisten auf eine Bühne treten. Und erst die Reihenfolge, in der sie nach draußen treten, verrät ihre Position in der Machthierarchie.

Harald Maass[Peking]

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