zum Hauptinhalt

Patt im Bundesrat: Keine Annäherung in der Steuerpolitik

Blockade in der Länderkammer: Schwarz-Gelb fehlt die Mehrheit für die kleine Steuersenkung durch Abmilderung der "kalten Progression" - aber auch für die von der Opposition favorisierte Erhöhung des Spitzensteuersatzes fehlen die Stimmen.

Keine Mehrheit hier, keine Mehrheit da. So wird es wohl vorerst nichts mit dem schwarz-gelben Vorhaben einer kleinen Steuersenkung über eine Anhebung des Grundfreibetrags und einer Veränderung des Tarifverlaufs, damit die „kalte Progression“ nicht so unbarmherzig zuschlägt wie bisher. Aber auch das Ansinnen der Opposition, den Spitzensteuersatz für Gutverdiener zu erhöhen, wird wohl vorerst ein Plan bleiben. Schwarz-Gelb hat keine Mehrheit im Bundesrat, auch SPD, Linken und Grünen fehlen die nötigen Stimmen, um selbst ein Vermittlungsverfahren erzwingen zu können. Und am Freitag gab es in der Länderkammer nicht das leiseste Signal, dass beide Seiten sich aufeinander zubewegen könnten nach dem Motto: die kleine Steuersenkung für alle, aber bei den Reicheren zum Ausgleich einen Zuschlag.

Der rheinland-pfälzische Finanzminister  Carsten Kühl brachte die Haltung der SPD-geführten Länder auf den Punkt: Angesichts der Schuldenbremse und der haushaltspolitischen Gefahren der Euro- Krise müsse die Konsolidierung der Länderhaushalte Vorrang haben vor Steuersenkungen. Zwar weiß auch Kühl, dass der Grundfreibetrag ohnehin angepasst werden muss – spätestens im Herbst, wenn die verfassungsrechtlich gebotene Neuberechnung des nicht besteuerbaren Existenzminimums ansteht, nach dem sich der Grundfreibetrag bemisst. Das sei der richtige Zeitpunkt, um zu entscheiden, sagte Kühl. Die Erhöhung dann könnte allerdings geringer ausfallen als die jetzt von Schwarz-Gelb geplanten 350 Euro.

Den Finanzministern aus dem Oppositionslager hielt der Finanzstaatssekretär im Bund, der CDU-Politiker Steffen Kampeter, entgegen, es gebe eben die etatistische Sichtweise, die alles vom Staat her werte, und eine gesellschafts- und wirtschaftspolitische – also die von Schwarz- Gelb, nach der es gut ist, den Leuten etwas mehr vom Brutto zu lassen als bisher. Denn die Nicht-Anpassung der Progression führte über die Jahre dazu, dass auch die Einkommenszuwächse der Mittelverdiener immer stärker mit hohen Steuersätzen belastet wurden – da kann es sein, dass eine Gehaltserhöhung durch die Steuer und die Inflation praktisch weggefressen wird. Und diesen wahrlich „kalten“ Effekt will die Koalition nun mindern – die SPD übrigens hat da auch schon mal darüber nachgedacht. Und könnte nun nochmals ins Grübeln kommen.

Umfragen zeigen, dass diese Form der Steuersenkung nicht unpopulär ist. Nach dem aktuellen Politbarometer halten sie 56 Prozent der Befragten für richtig. Natürlich ist die Zustimmung bei Unionsanhängern mit 64 Prozent besonders hoch, aber auch die SPD-Klientel ist mit 54 Prozent mehrheitlich dafür. Selbst 51 Prozent der Linken-Anhänger halten die schwarz-gelbe Linie für richtig. Nur bei den Anhängern der Grünen gibt es dagegen keine Mehrheit für die Milderung der „kalten Progression“. Freilich muss das Politbarometer-Ergebnis auch Union und FDP zu denken geben. Denn 77 Prozent aller Bürger sind dafür, den Spitzensteuersatz zu erhöhen. In allen Parteilagern sind die Gegner nur eine kleine Minderheit. Rein demoskopisch gesehen läge ein „Deal“ nach dem Motto: „weniger kalte Progression, höherer Spitzensatz“ somit durchaus nahe. Aufkommensneutrale Steuerreformen sind ja gerade bei den Finanzministern sehr beliebt, und der brandenburgische Ressortchef Helmuth Markov (Linke) betonte denn im Bundesrat auch, dass staatliche Ausgabensenkungen kaum noch machbar seien.

Freilich riecht das Thema auch nach Wahlkampf – Steuerpolitik ist dafür ja bekanntlich immer gut. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schlug am Freitag schon den entsprechenden Ton an: Dass SPD, Grüne und Linke „Millionen von Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen“ nicht ein wenig mehr Geld gönnen wollten, das sei „schlicht ungerecht“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“.

Zur Startseite