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Paul Salem, Nahost-Experte: "Die Erwartungen sind sehr hoch"

Der Nahost-Experte Paul Salem erhofft sich von Obamas Rede in Kairo Impulse für den Friedensprozess.

Herr Salem, am Donnerstag kommt Barack Obama nach Kairo und wendet sich mit einer Grundsatzrede an alle Muslime. Was erwarten Sie von diesem Tag?



Die Erwartungen in der Region sind sehr hoch. Aber ich rechne nicht mit neuen, großen politischen Ankündigungen, zum Beispiel zu dem Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern. Obama wird sich darauf konzentrieren, über die generellen und zivilisatorischen Beziehungen zwischen dem Westen und der muslimischen Welt zu sprechen.

Der US-Präsident hat seit seinem Amtsantritt bereits mehrere Gesten gemacht, um das Verhältnis zwischen den USA und der islamischen Welt zu entspannen. Was hat er in der Substanz als Politikwechsel anzubieten?


Obama hat noch keinen fertigen Plan, wie er seine Politik im Nahen und Mittleren Osten gestalten will. Er wird in Kairo sicher die politischen Aussagen der letzten Wochen noch einmal bündeln und etwas vertiefen, aber keine dramatisch neuen Akzente setzen.

Die arabische Seite erwartet vor allem ein härteres Auftreten gegenüber Israel. Ist das realistisch?


Die Administration grübelt momentan nach, wie sie etwas entschiedener gegenüber Israel auftreten kann. Zum Beispiel könnten die USA ihr Verhalten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ändern, wo sie Israel bisher quasi automatisch unterstützt haben. Aber das ist kein Thema für die Rede in Kairo – das wäre der falsche Ort und das wäre kontraproduktiv.

Warum?

Es ist nicht Obamas Stil, Leute geradeheraus unter Druck zu setzen. Ich bin sicher, Obama wird in nächster Zeit auch nach Israel reisen und die Bevölkerung dort direkt ansprechen und zu überzeugen versuchen. Er wird seine Eloquenz und seinen Charme einsetzen, um Netanjahu zu überschatten – ähnlich wie Ägyptens Präsident Sadat im Jahr 1977. Damals war es Sadat, der die israelische Meinung änderte, nicht Likud-Regierungschef Begin.

Wie will Obama das schaffen?

Er muss neue Allianzen bilden und alte Wunden heilen. Barack Hussein Obama ist in der muslimischen und arabischen Welt sehr populär. Dieses Prestige könnte er strategisch nutzten, um größeren Einfluss auf den Friedensprozess zu bekommen. Er könnte sich an die Israelis wenden und sagen: Ich kann euch Frieden verschaffen mit der gesamten muslimischen Welt – ich habe das Ansehen dazu. Das wäre ein neues Instrument in der amerikanischen Diplomatie. Daran arbeitet Obama – das will er ausbauen.

Paul Salem (48) ist Direktor des Middle East Centers der Carnegie-Stiftung in Beirut. Mit dem Libanesen und Harvard-Absolventen sprach Martin Gehlen.

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