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Politik: PDS: Im Alleingang wirkungslos

"Wir sollten uns nicht unter Druck setzen lassen." Hans Modrow mag nicht, wenn seine Partei passfähig für eine Koalition mit der SPD gemacht wird.

Von Matthias Meisner

"Wir sollten uns nicht unter Druck setzen lassen." Hans Modrow mag nicht, wenn seine Partei passfähig für eine Koalition mit der SPD gemacht wird. "Wie im Zirkus" sei das doch, wenn in der Öffentlichkeit unterschieden werde zwischen Dogmatikern, bei denen der Daumen gesenkt werde, und Reformern, bei denen er hoch gehe, klagt der PDS-Ehrenvorsitzende. Stattdessen will Modrow, dass der Pluralismus betont wird: "Wer bloß Brüchen in unserer Programmatik und Politik das Wort redet, kann schnell bei Brüchen in der Partei landen."

Als am Montagabend der Entwurf eines neuen PDS-Grundsatzprogramms erstmals auf großem Podium diskutiert wurde, erhielt Modrow viel Beifall für seine Rede. Ganz offenbar vertritt der frühere Dresdner SED-Bezirkschef und heutige Europaabgeordnete noch immer eine Mehrheitsmeinung in seiner Partei, deren Mitglieder zu zwei Dritteln älter als 60 Jahre alt sind.

Doch in welche Richtung soll die PDS gehen? Gilt das Publikum im Kongresszentrum Berlin-Hohenschönhausen als Gradmesser, muss sie sich nicht oder nur kaum verändern. Den früheren DDR-Kulturminister Klaus Höpcke ärgert, dass im Programmentwurf das Wort "Verbrechen" nur im Zusammenhang mit SED und DDR auftaucht: "Die Geschichte des 20. Jahrhunderts ist wesentlich von den Verbrechen des Imperialismus gekennzeichnet." Wieder wird viel applaudiert, so wie auch Ellen Brombacher von der Kommunistischen Plattform Beifall bekommt für ihre Kritik, dass das Kapitalismusbild im neuen Programm "unschärfer und freundlicher" geworden sei. Die PDS müsse klar sagen, "dass es Kampf ist, den wir zu führen haben".

Doch die Strategen wissen, dass es damit nicht getan sein kann. Die Wählerschaft der PDS sieht ganz anders aus als die Mitgliedschaft: Zwei Drittel der Wähler sind jünger als 50 Jahre alt. Michael Brie von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, einer der Autoren des Entwurfs, will, dass das neue Programm zum "Gebrauchsgegenstand" für die Partei wird und dass verstärkt über eine Zusammenarbeit mit der SPD nachgedacht wird. Die PDS sei auf Kooperationspartner angewiesen und müsse sich öffnen. "Im Alleingang" werde sie "absolut wirkungslos" bleiben. "Wir müssen differenzieren, um politisch wirksam zu werden", sagt Brie - und muss hinnehmen, dass bei solchen Sätzen nur vereinzelt geklatscht wird.

Zwei Jahre will sich die PDS Zeit lassen für die Programmdebatte - während die Spitzengenossen Politik machen. Am Tag vor der Podiumsdiskussion in Hohenschönhausen tafelten Gabi Zimmer, Roland Claus, Helmut Holter und Gregor Gysi auf Einladung von Gerhard Schröder in dessen Gästehaus in Berlin-Dahlem, sieben gemütliche Stunden beim Wein. Geschenke für den Kanzler und Arbeitsminister Walter Riester ließ die PDS-Truppe aber erst einmal nicht dort: Weil der Grundansatz "unsozial" sei, werde das rot-rot regierte Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat weiterhin nicht der Rentenreform zustimmen, teilten Zimmer und Claus anschließend mit.

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