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Pegida-Demonstranten zeigen Galgen für "Siegmar [sic] Gabriel" und "Angela "Mutti" Merkel.

© REUTERS

Pegida: Der Galgen ist nicht das größte Problem

Gegen Galgen und Guillotinen muss die Politik und die Staatsanwaltschaft rigoros vorgehen. Das größere Problem aber sind die heimlichen Unterstützer. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Ein Galgen ist ein Galgen. Punkt. Und eine Guillotine eine Guillotine. Punkt. Es spielt keine Rolle, in welchem Zusammenhang oder für welche Sache diese Hinrichtungswerkzeuge eingesetzt werden. Sie sind letztlich ein Aufruf zum Mord, mindestens im politischen Sinne, und ob sie es auch im juristischen Sinne sind, klärt die Staatsanwaltschaft. Und das geht gar nicht, weder bei einer Pegida-Demonstration noch bei einer Anti-TTIP-Kundgebung.

Demonstrationen brauchen Symbole, sie brauchen Aufmerksamkeit und auch eine gewisse Aufregung - aber keine Anstiftung zur Tötung von Menschen.

Und doch gibt es einen Unterschied zwischen den Pegida-Galgen und der TTIP-Guillotine. Die Anti-TTIP-Veranstalter sind bemüht sich zu distanzieren, Pegida-Organisator Lutz Bachmann hat mit dem Galgen kein Problem. Schuld ist sowieso an allem die Lügenpresse, weil die den Galgen so groß gezeigt habe, dabei sei der ja nur 1,20 Meter groß. Als ob es darum ginge. Absurd. Wie so vieles bei Bachmann und seinen Freunden.

Genau diese Absurdität macht Pegida auch so gefährlich. Sie verführt dazu, sie nicht ernst zu nehmen. Sie abzutun. Was sind schon geschätzte 9000 Pegidisten in Dresden, einer Stadt mit über 500.000 Einwohnern? Pegida selbst nutzt Relativierungen für ihre Parolen. Die Zivilgesellschaft sollte nicht den Fehler machen, auf ähnliche Stilmittel zurückzugreifen.

Herz und Verstand in der Flüchtlingspolitik gefragt

Der harte Kern, die 9000, sind tatsächlich nicht das allergrößte Problem. Es ist der Nährboden, auf den ihre dumpfen Parolen fallen. Es sind die leisen Sympathisanten, die nicht auf die Idee kämen, einen Galgen mit sich rumzuschleppen. Die aber sehr wohl meinen, dass die Pegida-Demonstranten schon recht hätten. Sie sind das Problem, denn sie tragen deren rassistische Botschaften in die Breite.

Die Politik muss deshalb zwei wichtige Dinge tun: klar und deutlich gegen diese Form des Rassismus sowie der menschenverachtenden und möglicherweise strafrechtlich relevanten Symbolik vorgehen. Das tut sie auch. Und, das ist der schwierigere Teil, sie muss sich Vertrauen in einem viel größeren Teil der Bevölkerung zurückerkämpfen als es die 9000 erahnen lassen. Das geht mit Transparenz und Pragmatismus. Transparenz in Entscheidungswegen und Pragmatismus im Umgang mit der Flüchtlingspolitik.

Das heißt: Wenn es Probleme mit Unterkünften gibt, müssen die benannt werden. Wenn es Streitigkeiten unter Flüchtlingen gibt, müssen diese thematisiert werden. Wenn es Sicherheitsrisiken gibt, muss dem nachgegangen werden. Eine Abkehr von der Willkommens-Kultur wäre das alles nicht.

"Wir schaffen das" hat Kanzlerin Angela Merkel gesagt und dabei ihr Herz sprechen lassen. Jetzt kommt es darauf an, dass in der Flüchtlingspolitik Herz und Verstand Hand in Hand gehen. Kein einfacher Weg. Aber der einzig erfolgversprechende - auch, um die Resonanz des Pegida-Chors so gering wie möglich zu halten.

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