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© dpa

Peking: Dalai-Lama-Besuch bei Obama löst in China Empörung aus

Chinas Führung protestiert ungewöhnlich scharf gegen den Besuch des Dalai Lama beim US-Präsidenten

Eigentlich ist es wie immer. Ein Staatsführer der westlichen Welt trifft sich mit dem Dalai Lama, und Peking reagiert wie ein trotziges Kind, das seinen Willen nicht bekommt. Auch bei vorangegangenen Treffen zwischen US-Präsidenten und dem Dalai Lama hatte die chinesische Regierung protestiert. Doch die Reaktionen auf Obamas Gespräch mit dem religiösen Oberhaupt der Tibeter am Donnerstag fiel weit deutlicher aus als sonst.

„Das Treffen hat die in den internationalen Beziehungen geltenden Normen grob verletzt“, erklärte Ma Zhaoxu, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, am Freitag. Zusätzlich bestellte Vizeaußenminister Cui Tiankai den US-Botschafter in Peking ein, um förmlich Protest einzulegen. Die Regierung in Peking warf Obama vor, die „Gefühle des chinesischen Volkes verletzt“ und den beiderseitigen Beziehungen „ernsthaft geschadet“ zu haben. Schon im Vorfeld hatte die chinesische Führung Druck auf die US-Regierung ausgeübt, das Treffen mit dem Dalai Lama abzusagen. In den vergangenen Wochen hatte die chinesischen Seite mehrfach mit „schwerwiegenden Konsequenzen“ für das sino-amerikanische Verhältnis gedroht.

Chinas Kritik am Vorgehen der US-Regierung fällt ungewöhnlich scharf aus. Chinas Unmut wird international aber auch deutlicher wahrgenommen. Noch bis vor kurzem wurden die chinesischen Proteste im Zusammenhang mit dem Dalai Lama meist einfach übergangen. Chinas paranoid anmutende Interpretation des Friedensnobelpreisträgers als „separatistischer Mönch“, als „Wolf im Schafspelz“, der die Nation spalten wolle, ließ vorherige US-Präsidenten weitgehend kalt. Doch die Machtverhältnisse zwischen den beiden Supermächten haben sich verschoben. China hat in der Wirtschaftskrise an ökonomischer und politischer Bedeutung gewonnen. Und die chinesische Regierung nutzt diese neue Stärke, um den Druck auf Washington zu erhöhen, die Unterstützung für den geistlichen Führer der Tibeter einzustellen.

Dabei war es Obama, der die neue weltpolitische Rolle Chinas als erster US-Präsident anerkannte. Noch vor einiger Zeit träumte man auf amerikanischer Seite von einem „G 2“, einem engen Bündnis mit China. Dafür hatte Obama auch beim Thema Tibet auf chinesische Befindlichkeiten reagiert und einige Zugeständnisse gemacht. Noch im Vorfeld seiner Pekingvisite im November letzten Jahres hatte Obama ein Treffen mit dem Dalai Lama aus Rücksicht auf die chinesische Regierung abgesagt. Doch in zentralen Punkten wie der Menschenrechtsfrage wollte Chinas Führung dem US-Präsidenten schon damals nicht entgegenkommen.

Dennoch, auch bei der aktuellen Begegnung mit dem Dalai Lama in Washington hatte man versucht, China nicht unnötig zu reizen. Ein 45-minütiges Gespräch unter Ausschluss der Presse – viel dezenter konnte man den Rahmen für ein Treffen zweier Nobelpreisträger nicht wählen. Doch die Rücksichtnahme des US-Präsidenten scheint niemanden in der Führung der Volksrepublik zu beeindrucken. Chinas Regierung ist nicht zu beschwichtigen, denn beim Thema Tibet kennt man keine Kompromisse. Nichts fürchtet Chinas Parteiführung mehr als die Störung der nationalen Einheit der Volksrepublik. „Die USA sollten ihre Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas einstellen und stattdessen konkrete Schritte unternehmen, um einen gesunden und beständigen Ausbau der Beziehungen zwischen China und den USA zu erreichen“, so Außenministeriumssprecher Ma Zhaoxu. Ob die chinesische Führung derzeit tatsächlich an einer Verbesserung der Beziehungen zu den USA interessiert ist, bleibt bisher unklar.

Chinas staatliche Presse spekuliert indes darüber, warum Obama nun doch die Tradition fortsetzt, den Dalai Lama zu treffen. „Obama spielt die ‚Tibet-Karte’ als Versuch aus, seiner politischen und wirtschaftlichen Misere im In- und Ausland zu entfliehen“, heißt es in einer von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua verbreiteten Meldung vom Freitag. Tatsächlich scheint es ein wenig so, als würden beide Supermächte die „Tibet-Karte“ nutzen, um auszutesten, wie weit man mit dem derzeitigen Kräftemessen gehen kann. Schon seit Wochen sind die Beziehungen zwischen beiden Ländern angespannt, weil die USA ein Waffengeschäft mit Taiwan im Umfang von 6,4 Millionen Dollar angekündigt hatten. Mit dem Streit um die Begegnung zwischen Obama und dem Dalai Lama hat der diplomatische Konflikt zwischen beiden Ländern einen weiteren Höhepunkt erreicht.

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